Der Staatsanwaltschaft fällt es schwer, die Tat zu beweisen. Es läuft auf einen Indizienprozess hinaus.

Neumünster. Im Mordfall Jennifer (16) will die Staatsanwaltschaft Kiel Ende Februar Anklage gegen den 37 Jahre alten Stefan Z. erheben. Dies bestätigte Oberstaatsanwalt Ingo Jendruschowitz. Die Indizien seien überzeugend. Diese Einschätzung wird in Neumünster, wo Jennifer vor fünf Monaten getötet wurde, nicht von allen Ermittlern geteilt. Grund: In der Beweisführung klaffen Lücken. Eine der Spuren scheint Stefan Z. sogar zu entlasten. So fand die Polizei an der Leiche Jennifers eine unvollständige DNA-Spur. Das Material soll von einem Mann, jedoch nicht vom Tatverdächtigen stammen. Jendruschowitz versicherte, dass es dafür eine plausible Erklärung gebe, wollte sie aber ebenso wenig preisgeben wie Details zu den Indizien. Andere Ermittler sind gesprächiger. Demnach gibt es vor allem eine Spur, die Stefan Z. belastet. An der Leiche haftete eine Faser von einer Jeansjacke. Stefan Z. soll so eine Jacke besitzen. Sie ist jedoch Massenware, hängt im Schrank vieler Männer. Ins Visier war der Kraftfahrer aus Neumünster geraten, weil er zum Tatzeitpunkt am 20. September gegen 23 Uhr an einer Tankstelle in der Nähe des Tatorts Bier gekauft hatte. Z. passte zudem ins Täter-Schema der Ermittler. Er saß schon zweimal wegen Vergewaltigung im Gefängnis und war erst wenige Monate zuvor entlassen worden. Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass Jennifer getötet wurde, um eine Straftat aus sexuellen Motiven zu vertuschen. Ob sich das beweisen lässt, ist unklar. Jennifer wurde nicht vergewaltigt. Ihre Leiche war zwar unbekleidet, dies aber vielleicht nur, weil der Täter Spuren beseitigen wollte. Wie das Motiv ist auch der Tatablauf nicht restlos geklärt. Eine Zeugin hatte beobachtet, dass ein Mann ein Mädchen hinter eine Hecke zerrte. Was an der stark befahrenen Straße nur 200 Meter von der Wohnung Jennifers entfernt genau geschah, lässt sich bisher aber nur rückschließen, vor allem aus dem Obduktionsbericht. So wurde bekannt, dass der Täter das Mädchen würgte, ihr wohl den Kehlkopf eindrückte und sie erstickte. Wie schwer die Staatsanwaltschaft sich mit dem Fall tut, zeigt die Dauer der Ermittlungen. Stefan Z. wurde am 30. September festgenommen, sitzt also schon seit viereinhalb Monaten in Untersuchungshaft. Er steht damit kurz vor der automatischen Haftprüfung, die nach sechs Monaten erfolgt. Liegt die Anklage dann noch nicht vor, haben Untersuchungshäftlinge eine Chance auf Freilassung. Die Staatsanwaltschaft in Kiel ist dennoch gelassen. Aus zwei Gründen: Zum einen haben sowohl das Amtsgericht Neumünster als auch das Landgericht Kiel mit Blick auf die Beweislage vor Monaten eine Haftbeschwerde von Stefan Z. abgelehnt. Zum anderen leidet fast jedes Indizien-Verfahren unter Lücken. Daran dürfte sich auch nichts ändern. Stefan Z. will über die Tat nichts sagen - oder kann es nicht. "Mein Mandant bestreitet, etwas damit zu tun zu haben", sagte sein Anwalt Achim Funk aus Neumünster. Absehbar ist, dass der Anklage schnell ein Prozess folgen könnte. Zuständig ist die VIII. Strafkammer des Landgerichts Kiel. Sie hat bereits von Mai an Zeit für eine Verhandlung.