Hannover (dpa/lni). Der Wolf ist zurück in Niedersachsen - auch mit der Folge, dass viele Weidetiere von ihm gerissen wurden. Das Land will Gebiete bestimmen, in denen schneller Problemwölfe abgeschossen werden dürfen.
Angesichts eines guten Erhaltungszustandes des Wolfes in großen Teilen Niedersachsens will die Landesregierung ein automatisiertes Verfahren für die Freigabe von Abschüssen problematischer Tiere auf den Weg bringen. Landesumweltminister Christian Meyer und Agrarministerin Miriam Staudte (beide Grüne) stellten am Montag in Hannover Eckpunkte für einen leichteren Abschuss vor.
Demnach gebe es zwei Verfahren: In Gebieten mit überdurchschnittlichen Wolfsangriffen auf gut geschützte Nutztiere könne schon jetzt im Einzelfall ein Schnellabschuss angeordnet werden. Der Abschuss soll innerhalb von für 21 Tagen nach dem Riss im Abstand von 1000 Metern um die konkrete Weide erlaubt sein, ohne dass - wie bisher - die Auswertung einer DNA-Probe des Wolfes abgewartet werden muss.
Es sollen aber auch Regionen mit einem erhöhtem Rissaufkommen definiert werden. Dort soll schon eine einmalige Überwindung eines zumutbaren Herdenschutzes ohne DNA-Probe für den Abschuss eines Problemwolfes reichen, sagte Meyer. Eine entsprechende Verordnung solle in den kommenden Wochen mit den Landkreisen erarbeitet werden.
Die Ausweisung von Gebieten mit erhöhtem Rissvorkommen soll auf der Ebene von Gemeindegrenzen vorgenommen werden. Mehrere Gemeinden können laut Meyer zu einem Gebiet zusammengefasst werden. Damit werde der Zusammenhang zwischen den Nutztierrissen und der Entnahme des Problemwolfes hergestellt, um künftige Wolfsrisse zu vermeiden.
Denkbar sei, dass die viermalige Überwindung des Grundschutzes für die Herde innerhalb von neun Monaten oder die dreimalige Überwindung von sechs Monaten die Grundlage für die Ausweisung einer Region als Risikogebiet dienen könne, sagte Meyer. Details müssten allerdings noch mit den Landkreisen besprochen werden. Die entsprechende Karte solle im Internet veröffentlicht werden. Die Risikogebiete für Wolfsrisse sollten als „graue Gebiete“ gekennzeichnet werden.
Auf die Schnellabschüsse von Wölfen auch ohne Vorliegen einer DNA-Analyse hatten sich im vergangenen Dezember die Umwelt-Ressortchefs des Bundes und der Länder geeinigt. Künftig soll der Herdenschutz ausschlaggebend sein für ein möglichst konfliktarmes Miteinander von Weidetierhaltung und Wolfsvorkommen.
Niedersachsen sei das erste Bundesland, das nach den Vorschlägen des Bundes handele und das Schnellabschussverfahren umsetze, sagte Meyer. „Mit den neuen Verfahren können wir in Regionen mit hohen Nutztierschäden, die trotz gutem Herdenschutz erfolge, schneller und unbürokratischer Handeln“, sagte Meyer.
Beim Herdenschutz wolle das Land künftig auf eine unbürokratische Pauschalprämie setzen, sagte Staudte: „Wir wollen es den Weidetierhalterinnen und Weidetierhaltern einfach machen und einmal jährlich eine Pauschale für Zäune, Herdenschutzhunde und erstmals auch für die Unterhaltung und den Aufwand zahlen.“ Voraussetzung sei ein wolfsabweisender Grundschutz.
Für das Landvolk Niedersachsen sagte Vizepräsident und der Sprecher des Aktionsbündnisses Aktives Wolfsmanagement, Jörn Ehlers, dass es nach wie vor offene Fragen gebe. Nach wie vor sei unklar, wer bei der Entnahme die Zuständigkeit haben werde. Auch der Radius von 1000 Metern stoße auf Kritik der Weidetierhalter. Beim Herdenschutz bestehe nach wie vor die Forderung, dass das Land nicht nur die Beschaffung von Schutzzäunen gefördert werden müsse, sondern auch die laufenden Kosten, etwa das Futter für Herdenschutzhunde. Die Vorschläge seien noch zu vage und müssten weiter diskutiert werden.
Die CDU im Landtag sprach von einer Verzögerungstaktik der Landesregierung beim Wolfsmanagement. „Wir brauchen eine Herabstufung des Schutzstatus des Wolfes von „streng geschützt“ auf „geschützt“ sowie die Feststellung eines günstigen Erhaltungszustandes, teilte der agrarpolitische Sprecher der CDU-Landtagsfraktion, Marco Mohrmann. Die von Meyer und Staudte vorgelegten Regeln seien kein regional differenziertes Bestandsmanagement und reichten nicht aus, das Problem zu lösen.