Hannover (dpa/lni). Der Lehrermangel in Niedersachsen ist so groß wie nie, seit die Unterrichtsversorgung erfasst wird. Fast jede vierte Lehrkraft arbeitet derweil mit höchstens 75 Prozent der Stunden in Teilzeit.
Während die Unterrichtsversorgung in Niedersachsen auf einen Tiefststand gesunken ist, arbeiten immer mehr Lehrkräfte in Teilzeit. Das zeigen Zahlen, die das Kultusministerium auf Anfrage des CDU-Abgeordneten Lukas Reinken veröffentlicht hat.
Demnach stieg der Anteil der Lehrerinnen und Lehrer, die mit maximal 75 Prozent der Vollzeitstunden arbeiten, seit 2013 von knapp 19 auf 24 Prozent. Etwa jede fünfte Lehrkraft (19,54 Prozent) arbeitet demnach mit 50 bis 75 Prozent in Teilzeit. Fast jede zwanzigste Lehrkraft (4,45 Prozent) ist mit weniger als der Hälfte im Dienst.
Der CDU-Abgeordnete Reinken nannte diese Entwicklung alarmierend. „Viele Lehrkräfte sind durch immer neue Aufgaben, komplexeres Schülerverhalten und auswuchernde Dokumentationspflichten am Rande der Belastungsgrenze“, sagte er.
Es brauche jetzt einerseits Anreize, um mehr Teilzeitkräfte in Vollzeit zu bekommen. Möglichkeiten dafür seien mehr Geld für Mehrarbeit oder flexiblere Arbeitszeitkonten. „Andererseits müssen wir die Lehrkräfte von unnötigen Aufgaben entlasten.“
Konkret müssten Verwaltungs- und Dokumentationsaufgaben verschlankt und den Lehrkräften mehr Freiräume zugebilligt werden. Die Landesregierung müsse dafür nach mehr als einem Jahr im Amt nun anfangen zu handeln, forderte Reinken: „Die Vorschläge liegen auf dem Tisch: Quereinsteigerprogramme, duales Lehramtsstudium, unbürokratische Wiedereinstellung von pensionierten Lehrkräften.“
Das Kultusministerium betonte, die Teilzeitquote von Lehrkräften in Niedersachsen habe mit rund 36,6 Prozent im Schuljahr 2021/2022 deutlich unter dem Bundesdurchschnitt von 41 Prozent gelegen. Allerdings habe das Land in den vergangenen Jahren eine große Anzahl junger Lehrkräfte neu eingestellt, von denen viele in Teilzeit arbeiteten, um Familie und Beruf vereinbaren zu können.
„Tatsache ist: Der größte Teil der beantragten Teilzeitarbeit bei den Lehrkräften in Niedersachsen erfolgt aus familiären Gründen“, teilte das Ministerium mit. „Das mag mitunter auch daran liegen, dass der Anteil der weiblichen Lehrkräfte im Land bei mehr als 70 Prozent liegt.“
Angesichts der steigenden Stundenbedarfe an den Schulen, etwa wegen Inklusion, Ganztagsbetreuung und Sprachförderung, setze man jedoch auch darauf, dass Teilzeit-Lehrkräfte von sich aus mehr arbeiten und Stunden aufstocken. Ein wichtiges Instrument, um die Motivation dafür zu steigern, seien Beratungsgespräche mit den Schulleitungen. Darin könnten beispielsweise Entlastungen bei Vertretungen, Projektwochen oder der Leitung von Klassen besprochen werden.
Der Lehrermangel ist in Niedersachsen so gravierend wie nie. Die Unterrichtsversorgung ist auf dem niedrigsten Niveau seit Beginn der Statistik vor 20 Jahren. Zum Stichtag 8. September 2022 lag der aus dem Verhältnis von Schülern und Lehrerstunden ermittelte Wert bei 96,3 Prozent (Vorjahr: 97,4 Prozent).
Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) räumte im Dezember in der „Nordwest-Zeitung“ ein: „Obwohl noch nie zuvor so viele Lehrkräfte in Niedersachsen beschäftigt waren, ist die Personaldecke bei den Lehrkräften unbestreitbar zu kurz.“