Amelinghausen (dpa/lni). Sind Brennnesseln genauso vitaminreich wie Chia-Samen? Das behauptet Marion Putensen von der Waldkräuterey in Amelinghausen. Sie vermittelt ihr Wissen der Heilpflanzenkunde, das etwa Bauern früher schon kannten. Zur Heideblüte öffnet sie auch ihre Gastronomie.
Ein grüner Waldkuchen nur mit Fichtenspitzenmehl und eine saftige Blütenkonfetti-Torte locken Besucher der Lüneburger Heide an Sommerwochenenden in die kleine Waldkräuterey nach Amelinghausen. Pflanzen wie Giersch, Gundermann und Springkraut sind dort seit zwölf Jahren die Leidenschaft von Marion Putensen.
Die zertifizierte Natur- und Landschaftsführerin bildet nach Lehrgängen in Südtirol inzwischen selbst zum Kräuterfachwirt aus. Eineinhalb Jahre dauert die Ausbildung, zu der die Schülerinnen einmal im Monat anreisen. „Es sind immer zehn Teilnehmerinnen, vor Corona waren auch noch Männer dabei“, erzählt die kreative Kräuter-Fachfrau.
Im Sommer bietet sie in der kleinen Gaststätte mit Manufaktur Wiesen-Tapas, Unkraut-Bowle und Limonade aus Tannenspitzen an. „Das ist für eine spezielle Klientel. Wir sind eine Cola- und Fanta-freie Zone“, sagt Putensen lachend. Jetzt zum Heideblütenfest ist ihr kleines Lokal gut besucht. Besonders angetan hat es ihr die Verwendbarkeit der Heidepflanze. Heidekaviar - mit Brennnesselsamen und Balsamico aus Heidelbeeren -, Heideblütensalz und Tee gegen Magen-Darm-Probleme und Erkältungen stellt Putensen selbst her.
„Die Heidepflanze - die Calluna vulgaris - ist sehr spannend, die Bauern nutzten sie früher als Allheilmittel gegen alles.“ Sie wirke antiseptisch, harntreibend und blutreinigend, sagt die Besitzerin der nach eigenen Angaben einzigen Waldkräuterei in Deutschland. So bietet sie auch ein Seminar mit dem Titel „Wiesenapotheke“ an. Mit Ausnahmegenehmigungen darf sie in der Natur sammeln, Wanderer dürfen nicht mehr als ein Sträußchen am Wegesrand pflücken.
In Kochkursen und Seminaren erläutert Putensen die Heilpflanzenkunde mit den heimischen Gewächsen. „Brennnesselsamen sind das neue Superfood“, sagt sie. Sie seien ebenso vitaminreich wie die gehypten und importierten Chia-Samen. „Ich versuche mein Wissen den Menschen näherzubringen, damit sie auf ihren Balkonen Pflanzen anbauen“, sagt Putensen. Ihre Vision sei ein essbarer Pfad um das kleine reetgedeckte Waldhaus: „Ein Insektenbuffet, das Menschen und Insekten essen können.“