Lüneburg (dpa/lni). Lüneburg ist reich geworden durch den Verkauf von Salz. Das weiße Gold wurde bis 1980 gefördert, einen offiziellen Sülfmeister gibt es immer noch. Er repräsentiert die Hansestadt.
Gerd Bindernagel trägt sein Kostüm mit Stolz. „Man nennt mich Gerd I.“, sagt er und lächelt. Der 66-Jährige repräsentiert die Stadt Lüneburg auf Festen und das schon im vierten Jahr. Eigentlich wird jedes Jahr Ende September bei den sportlichen Sülfmeistertagen ein neuer Repräsentant aus dem Gewinnerteam auserkoren, seit Corona fielen diese beliebten Mannschaftswettbewerbe aber drei Jahre hintereinander aus.
Bindernagel, der in der Nähe in Bardowick wohnt, fühlt sich der Hansestadt und ihrer Tradition besonders verbunden. Seit 42 Jahren verkauft er mittwochs und samstags Südfrüchte auf dem Markt in der Innenstadt, baut um 3.00 Uhr morgens den Stand allein auf. Die Gemeinschaft unter den Marktleuten ist seine Welt, sein 50. Jubiläum will er noch mitnehmen. Mit einem Team der Marktbeschicker möchte er bei der nächsten Meisterschaft 2023 wieder antreten, sieben Mal haben sie bei neun Teilnahmen schon triumphiert. Am anstrengendsten ist das Fassrollen, bei dem er sich schon manchen blauen Fleck holte. Wiedergewählt werden darf er nicht, ein neuer Sülfmeister muss her.
Der früheren Arbeit der Herrscher der Gilde kann Bindernagel nicht viel abgewinnen. „Das waren kleine Ausbeuter, die im Rat der Stadt saßen und viel zu sagen hatten“, erzählt er. Sie besaßen mehrere Salzpfannen, die von schlecht bezahlten Arbeitern und auch Kindern bedient wurden. „Die hatten ihre Leute und konnten sich selbst die schönen Anzüge leisten.“ Wegen der bleihaltigen Pfannen und der schweren körperlichen Arbeit wurden viele Arbeiter nur etwa 30 Jahre alt. Das Salz wurde damals zur Konservierung von Fleisch, Fisch, Käse und Butter benötigt - Kühlschränke gab es nicht.
In Lüneburg gab es mehr als 50 Siedehäuser, beliefert wurde über Lübeck der ganze Ostseeraum. Im 17. Jahrhundert kam zunehmend Konkurrenz auf, vor allem durch das Meersalz aus Frankreich. Im Deutschen Salzmuseum wurde zu Demonstrationszwecken ein kleines Siedehaus eingerichtet. Während die Hansestadt durch die Salzförderung zu Wohlstand kam, sackten immer wieder Gebäude ab, vor allem am Rand des sogenannten Senkungsgebietes.