Amt Neuhaus. Im Dorf Bitter erinnert ein Projekt der Metropolregion Hamburg an die martialische DDR-Grenze. 25 solcher Gedenkorte gibt es heute.

Am 9. November vor 33 Jahren fiel die Berliner Mauer – das lang erhoffte Ende des DDR-Grenzregimes begann. Jetzt wurde im niedersächsischen Dorf Bitter (Amt Neuhaus; ehemals DDR-Territorium) ein neuer Erinnerungsort der Metropolregion Hamburg an die deutsch-deutsche Teilung und das martialische Bauwerk mit Selbstschussanlagen und Minen eröffnet. Dabei handelt es sich um die alte Baracke für DDR-Grenzsoldaten aus den 1950er-Jahren mit einem Außengelände, die jetzt für Besucher zugänglich sind.

Jakob Richter, Leiter der Geschäftsstelle der Metropolregion Hamburg, sagte bei der Eröffnung: „Die Grenze teilte Ost und West, sie trennte Menschen, Familien und Freunde.“ Das Wissen und die Erfahrung zu bewahren sei ein wichtiger Baustein zur Demokratiebildung junger Menschen und damit zur Erhaltung unserer Demokratie. Gerade jüngere Menschen, die die Zeit der Teilung nicht erlebt hätten, wüssten zu wenig über die zweite deutsche Diktatur, sagt Silvia Kannegießer, Koordinatorin des Projekts Grenzgeschichte(n).

Gedenkort: DDR-Grenztruppen errichteten hier ihren Stützpunkt

Im Westen von Bitter hatten die DDR-Grenztruppen einst ihren ersten Stützpunkt errichtet. Aus jener Zeit ist nur noch das Wohngebäude erhalten, während an anderen Erinnerungsorten wie in Lübeck-Schlutup eine Agentenschleuse oder in Darchau, Neu Bleckede und Popelau Wachtürme der DDR-Grenzsoldaten zu sehen sind. Auf dem Außengelände in Bitter gibt es jetzt überdachte Sitzmöglichkeiten, Informationstafeln zur Ortsgeschichte und die Anfänge der Grenzbefestigung.

Das Dorf Bitter gehört damit zu den mehr als 25 Erinnerungsorten des Projekts „Grenzgeschichte(n)“ der Metropolregion Hamburg. Auf diesem Gebiet erstreckte sich die Grenze mit einer Länge von 300 Kilometern entlang der Elbe, durch den Schaalsee, das Wendland und die südliche Lüneburger Heide. Insgesamt war sie 1378 Kilometer lang. Zehntausende DDR-Bürger versuchten zwischen 1961 und 1989 über die innerdeutsche Grenze oder über die Berliner Mauer zu fliehen. Mehr als 600 von ihnen wurden zwischen 1961 und 1989 von Grenzsoldaten der DDR erschossen oder starben bei Fluchtversuchen.

Fliehende erlitten tödliche Unfälle oder ertranken

Sie ertranken in Gewässern, erlitten tödliche Unfälle oder begingen Selbstmord bei ihrer Entdeckung. Allein in Berlin starben nach dem Mauerbau Forschern zufolge mindestens 140 Menschen durch die DDR-Grenztruppen. An der innerdeutschen Grenze waren laut Bundesregierung mindestens 260 Todesopfer zu beklagen. Weitere norddeutsche Erinnerungsorte befinden sich beispielsweise im Grenzhaus Schlagsdorf, im Elbeschifffahrtsmuseum Lauenburg und in Leisterförde bei Boizenburg. Dort ist eine Grenzbefestigungsanlage erhalten geblieben.

Weil die Erinnerungsorte mit einer Summe von 785.000 Euro gefördert werden, können die Arbeiten an diesem Projekt kontinuierlich fortgesetzt werden. So werden jetzt zwei der drei Grenztürme für Besucher begehbar gemacht. Außerdem entstehen im Museum Deutsche Einheit Bad Bodendeich eine neue Ausstellung und Bildungsangebote für Schulklassen sowie Gruppen der Bundespolizei und Bundeswehr. Im Kreis Lüneburg soll künftig stärker an die Zwangsaussiedlungen erinnert werden. Auf Befehl der herrschenden SED waren Tausende DDR-Bürger in den Aktionen „Ungeziefer“, „Festigung“ und „Kornblume“ aus ihrer Heimat im neu entstandenen Sperrgebiet in andere Teile der DDR umgesiedelt worden.

Gedenkort: Menschenrechte in der DDR massiv eingeschränkt

Warum die Erinnerung heute so wichtig ist, erklärt Projektkoordinatorin Kannegießer wie folgt: „Ich höre immer wieder von jüngeren Leuten, dass die SED-Diktatur gar nicht so eine richtige Diktatur war. Genau da aber müssen wir den Finger in die Wunde legen und aufklären.“ Menschenrechte seien ein kostbares Gut, und die waren in der DDR massiv eingeschränkt.