Hannover.
Der Fall eines Pastors der Landeskirche, der von den 1970er bis zu den frühen 2000er Jahren ihm anvertraute Mädchen sexuell belästigt und teilweise schwer missbraucht haben soll, wird nun im Rahmen einer großangelegten Studie zur sexualisierten Gewalt in der Evangelischen Kirche untersucht. "Wir sind froh, dass der Forschungsverbund diesen Fall in seine Untersuchung mit einbezieht", sagte die Leiterin der Fachstelle Sexualisierte Gewalt im Landeskirchenamt in Hannover, Karoline Läger-Reinbold, am Donnerstag. "Wir wollen die Hintergründe aufdecken und aus den Fehlern der Vergangenheit lernen. Dass die Betroffenen hier ausführlich zu Wort kommen können, ist unverzichtbar." Im Sommer 2020 war der Fall öffentlich gemacht worden.
Der Forschungsverbund untersucht derzeit im Auftrag der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) sexualisierte Gewalt in der Kirche und Diakonie. Ergebnisse der Studie, die die Kirche mit 3,6 Millionen Euro finanziert, sollen Ende 2023 vorliegen. Der "Fall Nord_Niedersachsen" soll dem Forschungsverbund zufolge als einzelne Fallstudie untersucht werden. Das Gewaltgeschehen spielte sich demnach mutmaßlich in evangelischen Gemeinden in Wolfsburg und im Landkreis Harburg ab.
Die beteiligten Kirchengemeinden und Kirchenkreise sowie das Landeskirchenamt werden nach Angaben der Landeskirche den externen Wissenschaftlern Akten und Informationen zur Verfügung stellen. Hinweisen auf den Missbrauch der Jugendlichen sei in den 1970ern und 1990ern mutmaßlich nicht nachgegangen worden, hieß es. Die erste Betroffene meldete sich 2015 bei der Ansprechstelle der Landeskirche. Der beschuldigte Pastor ist mittlerweile gestorben.
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