Bremen/Lüneburg. In mehreren Städten in Niedersachsen und in Bremen campieren seit Monaten vor allem jungen Menschen für mehr Klimaschutz. Nun naht der Winter. Die meisten wollen trotzdem bleiben.
Bei Schnee, Eis, Frost und Regen ist das Campen im Zelt eine eher unangenehme Sache. Viele Klimaaktivisten in Niedersachsen und Bremen wollen das im Winter in Kauf nehmen, andere machen eine Pause, um im Frühjahr wiederzukommen. In Bremen, wo das Camp seit über 160 Tagen unmittelbar am Rathaus direkt unter dem Büro des Bürgermeisters steht, richten sich die Aktivisten auf einen Umzug ein. Hintergrund ist das Volksfest Freimarkt, das die Fläche brauchen wird. "Ja, wir ziehen um, aber wir werden bleiben", sagte Nathalie Schrader vom Bremer Klimacamp.
Die Genehmigung für den jetzigen Standort sei bis Ende Oktober verlängert worden. Möglicherweise steht der Umzug aber noch im Oktober an. Auch der "kleine Freimarkt" in der Innenstadt beginnt am 15. Oktober. Die Organisatoren des Camps wollen möglichst einen Platz in oder nahe der Innenstadt, um mit ihrer Botschaft viele Bürger zu erreichen. "Und eine Feuerstelle wäre schön", sagte Schrader mit Blick auf bevorstehende Wintertemperaturen. Es gebe Gespräche mit dem Ordnungsamt.
Die Reaktionen auf das Camp seien in den vergangen Monaten gemischt gewesen. Es habe sehr viel Zuspruch von Menschen gegeben, denen der Klimaschutz wichtig sei, die aber aus irgendwelchen Gründe nicht handelten. Nicht alle waren wohlgesinnt. "Wir wurden auch beschimpft, mit Blumentöpfen beworfen, und eine Regenbogenfahne wurde angezündet", so Schrader.
Auch Hannover will erstmal durchhalten. "Eine Winterpause ist noch kein Thema", sagte Fridays-for-Future-Aktivistin Helen Knorre. Ob Frost oder politische Entscheidungen: "Ich kann auch keine Auskunft geben, unter welchen Bedingungen wir mit dem Klimacamp aufhören würden." Das Berliner Geschehen nach der Bundestagswahl und anstehende Sondierungsgespräche und Koalitionsverhandlungen spielten ebenfalls eine Rolle. "Vieles entscheidet sich nicht bei der Wahl, sondern erst jetzt in den Verhandlungen, unter anderem mit Blick auf das 1,5-Grad-Ziel. Wir werden deshalb weiter Druck machen."
In Lüneburg geht das Klimacamp am Freitag nach 104 Tagen "nonstop Klimaprotest" in eine Winterpause, "um dann im Frühjahr mit neuer Energie weiter zu machen", wie die Organisatoren versprachen. Für den 6. Februar 2022 setzten die Aktivisten ein Treffen an, bei dem die Wiederaufnahme organisiert werden soll. Das Klimacamp sei eine Protestform und vor allem ein bunter, kreativer und nachhaltiger Begegnungsort, der sich in den letzten Monaten als wichtig und einzigartig erwiesen habe.
In Göttingen ist die Entscheidung noch nicht gefallen. "Es gibt die wildesten Überlegungen. Wir können uns vorstellen, über den 22. Oktober hier zu bleiben. Das müsste aber genehmigt werden. Wir können uns auch vorstellen, eine Winterpause zu machen und dann wiederzukommen", sagt die Aktivistin Elisabeth Nüßer. Aktuell sehe sie aber nicht, dass politisch genug getan werde, damit das Campen nicht mehr nötig sei. "Damit wir vor dem 22. Oktober aufhören zu campen, müsste schon ein Unwetter das ganze Camp zerstören."
© dpa-infocom, dpa:211001-99-437680/2