Hannover. Der Landesschülerrat hat mit Blick auf die Pandemie weitreichende Forderungen in puncto Abschlussprüfungen. Schwenkt das Kultusministerium ein?
Der Landesschülerrat hat angesichts der Corona-Epidemie eine Absage der Abitur- und Abschlussprüfungen gefordert. Bei geschlossenen Bibliotheken und den Kontaktverboten könnten Schülerinnen und Schüler sich nicht in Lerngruppen vorbereiten, sagte der Schülerratsvorsitzende Florian Reetz am Freitag in Hannover.
Technische Probleme behinderten das Distanzlernen, dazu kämen psychische Probleme sowie ungleiche Lernbedingungen in den Familien. Die Abschlüsse sollten auf der Basis der bisherigen Noten vergeben und für die Abiturienten bis zum Ende des Schuljahrs Unterricht zum Nachholen des während der Epidemie versäumten Stoffs angeboten werden.
Das Kultusministerium äußerte zwar Verständnis für die schwierige Lage der Schüler in der Pandemie, lehnte jedoch eine Absage der Prüfungen ab. Niedersachsen habe erreicht, dass neben den Grundschülern auch die Abschlussklassen im Wechselmodell weiter in den Schulen unterrichtet werden können, sagte ein Ministeriumssprecher am Freitag. "Wir wollen faire Rahmenbedingungen und haben vorbereitet, dass das auch möglich ist."
Geprüft werde lediglich der Lernstoff, der auch tatsächlich behandelt worden ist. Das Ministerium werde den Wunsch der Schüler prüfen, über den Prüfungszeitraum hinaus weiter bis zum Sommer Stoff in der Schule nachzuholen. Nach der Planung beginnen die Abiturprüfungen am 19. April.
Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) schloss sich der Forderung des Schülerrates an. "Die Landesregierung täte gut daran, auf die Forderungen der Jugend und der Schulbeschäftigten zu hören", sagte GEW-Landeschefin Laura Pooth. Auch die Abiturprüfungen seien verzichtbar, wenn der Kultusminister auf Bundesebene für die Anerkennung des Abiturs ohne Abschlussprüfung sorge.
Die Belastung der Schülerinnen und Schüler dürfe durch das unnötige Festhalten an Prüfungen nicht noch weiter gesteigert werden, unterstrich Pooth. Die notwendigen Noten könnten aus den insgesamt erbrachten Leistungen ermittelt werden.
Der Schulleitungsverband (SLVN) forderte vom Ministerium eine klare Entscheidung und eine Anpassung an die Corona-Lage, die nicht erst zwei Wochen vor dem Prüfungstermin erfolgen dürfe. Eine Absage aller Abschlussprüfungen einschließlich des Abiturs wäre der ehrliche und notwendige Weg, um erhöhte Risiken auszuschalten und gleiche Bedingungen für alle herzustellen, teilte der Verband am Freitag mit. Wer seinen Notendurchschnitt verbessern wolle, solle Prüfungen freiwillig absolvieren dürfen.
Nach der Planung des Kultusministeriums soll beim Abitur größtenteils an zentralen Prüfungen festgehalten werden. Die Prüfungen für die mittleren Abschlüsse sollten hingegen dezentral organisiert werden.
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