Hausbootferien: Entspannte Tage im Auf und Ab der Gezeiten

Fernreise wegen Corona storniert? Nord- und Ostsee überlaufen? Machen Sie Urlaub vor der Haustür! Heute: Ferien in Drochtersen.

Es ist ein wechselvolles Spiel, das alle sechs Stunden von vorn beginnt. Dann steigt das Wasser, und die Flut hält Einzug im alten Gauensieker Hafen. Später geht es dann wieder in die andere Richtung: Die Ebbe setzt ein, und das Wasser fällt, bis es den Blick freigibt auf den weichen Schlickboden.

Dieses Spiel der Gezeiten können Gäste miterleben, die Zeit auf den Hausbooten von Nicole und Jelle Makris verbringen. Und genau das ist es auch, was einen Aufenthalt dort so besonders macht. „Ebbe und Flut erleben unsere Gäste ganz unmittelbar“, sagt Nicole Makris.

Kähne verschifften Ziegel und Torf aus dem Kehdinger Land

Der Hafen liegt in Drochtersen (Landkreis Stade) am Gauensieker Schleusenfleth. Es mündet in den Ruthenstrom und fließt von dort in die tideabhängige Elbe. Der Hafen hat Geschichte: Vor mehr als 200 Jahren wurden auf dem Werftgelände Schuten und Ewer gebaut, legten Frachtsegler, kleine Dampfer und Kähne an, die Ziegel und auch Torf aus dem Kehdinger Land in den Hamburger Hafen transportierten. Heute sind dort nur noch ein kleiner Anleger und eine Bootslagerung geblieben, die seit 2002 von dem Ehepaar Makris betrieben wird, das direkt nebenan in seinem Haus wohnt. Etwa zehn Boote wie kleine Jachten überwintern dort von Oktober bis April.

Hausboot „Ulla“ hat nicht nur viel Platz im Innern, sondern auch eine Dachterrasse © Makris

Die große Liebe zu Booten brachte das Ehepaar vor elf Jahren auch auf die Idee, eine alte Arbeitsschute als Hausboot umzubauen. In der DDR diente das Schiff ohne Motor bei Wasserarbeiten als schwimmendes Büro, Küche oder Schlafraum für Arbeiter. Nicole und Jelle Makris, ein gelernter Bootsbauer, machten aus der rostigen Schute das schmucke Hausboot „Jan“. 2014 suchte das Paar gezielt nach einer weiteren Schute, baute sie zu „Ulla“ um. „Die Schuten sind einfach perfekt, weil sie mit fünf Metern auch so schön breit sind“, sagt die 55-Jährige, die in Hamburg als Krankenschwester arbeitet. Ihr gleichaltriger Mann ist in der Jugendhilfe tätig und bringt dort alles wieder in Schuss, was handwerklich repariert werden muss.

Hausboote erinnern an Peter Lustigs Bauwagen

Mit ihrem hellblauen Anstrich und weißen Fenstern erinnern die beiden Hausboote ein wenig an den Bauwagen von Peter Lustig in der beliebten Kindersendung „Löwenzahn“. Allerdings sieht es in ihrem Inneren wesentlich stylischer aus als in Lustigs Domizil: Der Fußboden besteht aus Eichendielen, die großen Fenster lassen viel Licht in die Boote und den Blick der Gäste frei mitten hinein ins weite Grün aus Schilf und Apfelbäumen. Im Sommer kann man die Fenster öffnen und bei Flut einfach ins Wasser springen. Und in der kälteren Jahreszeit kommen vor allem Vogelfreunde auf ihre Kosten, überwintern auf den Marschen in der Umgebung Nonnengänse, Graugänse und andere Rastvögel.

Die Hausboote haben jeweils ein Schlafzimmer und ein gemütliches Kojenzimmer. Dazu jeweils eine moderne Küche, die direkt ins Wohnzimmer übergeht, sowie ein Badezimmer mit Badewanne. Auf den Vor- und Achterdecks sitzen ihre temporären Bewohner wie auf zwei Balkonen direkt am Wasser. Doch das ist noch nicht alles, um sich an der frischen Luft aufzuhalten: Über eine Treppe geht es hoch auf die Dachterrasse – eine große Fläche mit Sofas oder Liegestühlen –, perfekt für den Weitblick in den Himmel und nachts in die Sterne. „Von hier aus kann man sogar die riesigen Containerschiffe sehen, die am Horizont auf der Elbe vorbeiziehen“, sagt Nicole Makris.

Tipps für die Umgebung:

Paddeln Bei Flut können Gäste direkt von der Werft aus zu Paddeltouren mit kostenlosen Kanus aufbrechen.
Fahrrad Gästen stehen einige Räder zur Verfügung, etwa um morgens Brötchen zu holen und für kleine Touren.
Wasserski In Neuhaus (rund eine halbe Stunde mit dem Auto entfernt) gibt es eine Anlage für Wasserski- und Wakeboard-Fans.
Strand Der Strand von Krautsand ist fünf Kilometer entfernt.
Flachbodenschiff Das Ausflugsboot „Tiedenkieker“ legt in Stade ab zu Touren in die Natur der Seitenflüsse.
Bummelbahn „Moorkieker“ ist eine Kombi aus Bummelbahn und Fußtour.
Tiere In der Wingst, nur eine halbe Stunde von Drochtersen, liegen ein kleiner Freizeitpark und ein Zoo. Auf einem Reiterhof können Besucher auf Isländern reiten und auch Ausritte machen, für Anfänger und Fortgeschrittene.

Boote werden nach Familienmitgliedern benannt

In diesem Sommer hat die Flotte weiteren Zuwachs bekommen: „Telse“ ist ganz neu mit dabei. Wie ihre beiden schwimmenden Geschwister hat sie ihren Namen nach einem Familienmitglied bekommen, das das Paar bei der Umsetzung der Hausboot-Pläne unterstützt hat.

Auch in „Telse“ wurde ein warmer Dielenfußboden verlegt. Im Studio finden Gäste eine offene Küche, Esstisch und Stühle sowie eine gemütliche Schlafecke am Ofen.

„Telse“ war allerdings nie eine Schute, sondern ursprünglich mal ein Wohncontainer. Oder vielmehr zwei: Die beiden Container baute das Ehepaar Makris auf einem Ponton zu einer modernen Wasserwohnung um. Und das so gut wie komplett in Eigenarbeit. Etwa ein Jahr lang haben die Eheleute daran gearbeitet, immer dann, wenn es die Zeit neben dem Beruf und der Pflege des großen Grundstücks zuließ.

Gemütliches Sonnenbad in einer kleinen Apfelplantage

Entstanden ist ein 40 Quadratmeter großes Studio mit einem Duschbad, das sich für den Besuch von bis zu zwei Personen eignet. Die großen Fenster geben einen fantastischen Blick frei auf die Natur. Zu „Telse“ gehört eine schwimmende Terrasse am Rande des Schilfgürtels. Das Boot liegt an einem Apfelhof.

„An ,Telse’ hat uns die moderne Einrichtung gepaart mit der Idylle eines Hausboots am besten gefallen“, sagt Nadine Leichsenring, die dort gemeinsam mit Ehemann Dennis im Juni ein Wochenende verbrachte. Von der Terrasse im Wasser – oder eben auch im Schlick – habe man einen herrlichen Ausblick, und wenn man ein gemütliches Sonnenbad nehmen möchte, warten Liegen in der Apfelbaumplantage, schwärmt die 39-Jährige.

Anreise und Kontakt

Anreise: Drochtersen liegt an der südlichen Elbseite, etwa 15 Kilometer westlich von Stade im Kehdinger Land. Von Hamburg aus geht es mit dem Auto über Finkenwerder, Stade und weiter Richtung Wischhafen. Entfernung von Hamburg: circa 65 Kilometer. Fahrzeit: etwa 60 Minuten.
Kosten: Pro Übernachtung und Hausboot: 120 Euro. Der Preis gilt für zwei Erwachsene und zwei Kinder, jede weitere Person zahlt 20 Euro Aufpreis.
Kontakt: Hausbootferien bei Ebbe und Flut, Nicole und Jelle Makris, Schäferstieg 2, 21706 Drochtersen, Telefon 04143/99 95 89, E-Mail: nmakris@freenet.de