Göttingen. Trockene Sommer, wenig Wasser, viel totes Holz: Brennt der Harz bald ab? Eine Wissenschaftlerin fordert rasches Handeln - denn es fehlt nicht nur ein Konzept gegen Waldbrände.
Wegen des Klimawandels befürchtet die Göttinger Forscherin Bettina Kietz im Harz eine größere Gefahr für katastrophale Waldbrände. Nach den Dürrejahren 2018 und 2019 seien ungewöhnlich viele Bäume abgestorben, die "wie Zunder brennen" könnten, sagte die Forstwissenschaftlerin der Hochschule für angewandte Wissenschaft und Kunst (HAWK). Zudem sei der Boden nach wie vor so trocken, dass in diesem Jahr möglicherweise schon im Frühjahr größte Waldbrandgefahr herrschen könnte. Das Schlimmste aus Sicht der Forscherin: Es fehlt ein umfassendes Konzept zur Waldbrandbekämpfung.
Der Landkreis Goslar, zu dem weite Teile des Mittelgebirges gehören, gehe ebenfalls von einer erhöhten Waldbrandgefahr aus, sagte Sprecher Maximilian Strache. Der Landkreis habe deshalb einen Arbeitskreis "Waldbrand" gebildet. Ziel sei ein gemeinsames Waldbrandkonzept aller beteiligten Kommunen, der Landesforsten und des Nationalparks Harz.
Die Lage sei sehr ernst, sagte Waldforscherin Kietz. Der ansonsten regenreiche Harz zeige deutliche Folgen des Klimawandels. "Die langanhaltende Dürre und große Hitze haben nach mehreren Stürmen und Käferkalamitäten riesige Mengen Totholz verursacht." Dazu zählten von Borkenkäfern zerstörte Fichten und ganze Hänge mit Buchen. Das Totholz stelle in Kombination mit den Vergrasungen und den trocken fallenden Mooren ein optimales Brennmaterial dar, sagte Kietz. Erschwerend komme hinzu, dass sich Feuer in einem Mittelgebirge wegen der vielen Hanglagen viel schneller ausbreiten könne als in ebenen Regionen wie etwa der Lüneburger Heide.
Um auf die Gefahren aufmerksam zu machen, hatte die Hochschule HAWK in der vergangenen Woche erstmals Experten zu einem "Brandschutzforum Harz" nach Göttingen eingeladen. Die Forscherin bemängelte dabei auch ein fehlendes Schutzkonzept. "Es gibt zum Beispiel keinen Evakuierungsplan", sagte Kietz. Viele Orte lägen in langgezogenen Tälern. Hinzu komme, dass im Nationalpark viele Wege zurückgebaut seien, so dass schwere Fahrzeuge zur Brandbekämpfung gar nicht in den Wald gelangen könnten.
Da das durch die Trockenheit der vergangenen Jahre entstandene Wasserdefizit im Boden nach wie vor nicht ausgeglichen sei, droht nach Ansicht der HAWK-Forscherin im Harz in diesem Jahr schon zu Ostern akute Waldbrandgefahr. Deshalb sei Eile bei der Erarbeitung von Schutzkonzepten geboten.
Die Niedersächsischen Landesforsten sehen es ähnlich. "Die zunehmende Brandgefahr im Harz bereitet uns große Sorgen", sagte Sprecher Michael Rudolph. Er verwies darauf, dass es 2019 wegen der anhaltenden Trockenheit bereits mehrere kleinere Bränden gegeben hat.
Um größeren Bränden besser begegnen zu können, befasse sich der Arbeitskreis "Waldbrand" des Landkreises Goslar bereits mit der Entwicklung von Einsatzkonzepten, sagte Verwaltungssprecher Strache. Das Gremium, dem zahlreiche Brandschutzexperten sowie Vertreter der Landesforsten und des Nationalparks Harz angehören, solle auf die benachbarten Landkreise ausgeweitet werden.