Lüneburg. In denkmalgeschütztem Haus in Lüneburg entstehen 26 Gästezimmer. Eröffnen soll das Hotel Wyndberg im Frühjahr 2020.
Die Malereien an der dunklen Decke sind verblasst, vermutlich wurden sie vor mehreren Hundert Jahren auf das Holz aufgetragen. An einem Balken ist ein Stück herausgebrochen, vielleicht sollte irgendwann einmal ein großer Schrank darunter passen.
„Da war man nicht so zimperlich“, sagt Marc Blancke, Pächter des Hotels, das in dem denkmalgeschützten Haus entsteht. Auch an anderen Stellen der Decke sind die Pinselstriche unterbrochen oder nur noch schlecht zu erkennen. Nun stellt sich die Frage: nachmalen oder nicht? Soll alles möglichst wie in vergangenen Zeiten aussehen – oder sollen die Besucher deutlich sehen, dass seitdem viel Zeit vergangen ist?
Die bemalte Holzdecke ziert den Empfangsbereich des Hotel Wyndberg, das im Frühjahr 2020 in Lüneburg eröffnen soll. Von außen sieht das rund 580 Jahre alte Gebäude nahe dem Rathaus bereits herausgeputzt aus. Drinnen ist zumindest schon zu erahnen, wie das Hotel einmal wirken wird.
Syndikatshaus stammt aus dem Jahr 1438
Marc Blancke hat vor seinem inneren Auge bereits ein genaues Bild. Er läuft sicher durch die schmalen Flure, vorbei an vielen leeren Zimmern. In einem Raum im ersten Stock sind alte Wandmalereien zu erkennen, ein anderer hat hohe Fenster und eine weiß verzierte Stuckdecke. Im Keller ist es eher urig, rötliches Mauerwerk umschließt die kleinen Räume. 26 Zimmer hat das Hotel, darunter auch eine Suite mit einer Terrasse, die direkt in eine große Außentreppe in den Garten übergeht. Ein idealer Ort für Trauungen und anschließenden Empfang, meint der Hotelier. Das sei allerdings bisher nur eine Idee.
Das denkmalgeschützte frühere Syndikatshaus stammt aus dem Jahr 1438, zuletzt stand es viele Jahre leer und verfiel zunehmend. Die Sanierung stellt das Team rund um Eigentümer Stephan Scheer aus Bleckede vor manche Herausforderung. Das Gebäude steht auf der Abbruchkante des Lüneburger Senkungsgebiet, musste mit einer 40 Zentimeter dicken Sohle stabilisiert werden. Die Kunststoffrohre für die Fußbodenheizung hielten schlecht auf dem unebenen Untergrund, nun glänzen Kupferleitungen in einigen Räumen. Die Kosten stiegen und stiegen. Und im vergangenen Jahr fehlten Klostersteine für neue Wände nach historischem Vorbild.
Damals konnte Marc Blancke aushelfen, der am Tag des Denkmals zunächst aus rein privatem Interesse die Baustelle besichtigte. Von früheren Projekten hatte der Lüneburger zufällig noch eine größere Menge solcher Steine im Hof gelagert. Es stellte sich heraus, dass Stephan Scheer auch einen Pächter für das Hotel suchte. Bald darauf war die Zusammenarbeit beschlossene Sache.
Mit Ferienwohnungen und einem kleinen Gästehaus in der Lüneburger Altstadt ist der gelernte Fruchtkaufmann – den Job macht er immer noch nebenbei – vor 15 Jahren ins Übernachtungsgeschäft eingestiegen. Das lief so gut, dass er ein kleines Hotel aufmachte: das Anno 1433, ebenfalls in einem historischen Altbau. Seine Gäste sind vor allem Touristen, aber auch Geschäftsreisende. Nur für größere Gruppen kann er nicht ausreichend Platz anbieten. Das wird sich mit dem neuen Hotel ändern.
Zimmer werden mit modernen Designermöbeln ausgestattet
Die Zimmer sollen ganz unterschiedlich mit verschiedenen Besonderheiten sein, doch alle werden mit modernen Designermöbeln und italienischen Betten ausgestattet. Auf alte Kleiderschränke aus Holz, wie sie in seinem kleineren Hotel stehen, hat Marc Blancke diesmal verzichtet. Die Einrichtung soll zurückhaltend sein. „Das Gebäude steht im Vordergrund.“
Mit seiner Spezialisierung auf historische Gebäude sei er mit seinen künftig vier Häusern gut aufgestellt, meint der 41-Jährige. „Ich glaube an das Projekt. Wir besetzen eine Nische, die es auch noch geben wird, wenn Rote Rosen einmal nicht mehr läuft.“ Die ARD-Telenovela, die in Lüneburg gedreht wird, zieht seit Jahren zahlreiche Touristen in die Stadt. Das Wyndberg, zu dem auch eine Whisky-Destille gehören wird, richtet sich dagegen stärker an geschichtlich interessierte Urlauber sowie Gäste örtlicher Unternehmen.
Küchenchef kommt aus einem Hamburger Luxushotel
In einem Anbau, der zurzeit an dem Hotelgebäude entsteht, wird ein Restaurant mit 45 Plätzen eröffnet. Auch das wird aller Voraussicht nach auffallen in der Lüneburger Restaurantszene. Denn Marc Blancke hat sich einen Geschäftspartner ins Boot geholt, der sich mit gehobener Gastronomie auskennt. Christopher Weckler, ebenfalls Lüneburger, war bisher Direktor für Food and Beverage bei der Hamburger East-Gruppe, zu der unter anderem das East Hotel auf St. Pauli sowie die Restaurants Clouds in den Tanzenden Türmen und Störtebeker in der Elbphilharmonie gehören.
Verantwortlich für die Küche wird Dominik Lang sein, bisher Küchenchef im Kleinen Jacob, das zum Hamburger Luxushotel Louis C. Jacob gehört. Mit ihm zusammen kommt ein weiterer Koch aus der Weinwirtschaft, außerdem steigt ein Sous Chef ein, der ebenfalls Erfahrung aus der Sterneküche in Hamburg und Sylt mitbringt. „Wir streben allerdings keinen Stern an“, betont Marc Blancke. „Die Küche wird solide, modern, norddeutsch. Es soll etwas Besonderes werden, aber nicht abgedreht.“ Auch regionale und saisonale Zutaten sollen eine wichtige Rolle spielen. Das Restaurant ist nicht nur für Hotelgäste zugänglich, sondern offen für alle Besucher.
Der Neubau ist allerdings auch der Knackpunkt bei der Zeitplanung, die Arbeiten hinken etwas hinterher. Das Personal ist dagegen weitgehend gefunden, 15 bis 20 Mitarbeiter werden eingestellt. Und auch die Fertigstellung des Altbaus ist absehbar, es geht bereits um Details wie eben die Bemalung der Holzdecke. Die wird nun voraussichtlich – in Abstimmung mit den Denkmalschützern – teilweise ausgebessert.
Der Rest bleibt zunächst im ursprünglichen Zustand. Das müsse man pragmatisch sehen, meint Marc Blancke. „Die Hauptsache ist, dass wir hier hoffentlich am 1. März eröffnen können. Später können wir solche Dinge immer noch schöner machen.“
Das Syndikatshaus
Ein Giebelhaus aus dem Jahr 1438 stellte den Kern des Gebäudes dar, in dem das Hotel eröffnen wird. Aus dieser Zeit stammen die ältesten Balken in dem Haus. Der Giebel wurde im 18. Jahrhundert abgerissen, der Keller und eine Erweiterung sind noch erhalten. Weitere Umbauten folgten im 19. und 20. Jahrhundert.
Der Rat der Stadt Lüneburg hatte das Haus für ihren Rechtsgelehrten errichtet. Die luxuriöse Dienstwohnung am Windberge – sie war unter anderem mit hochwertigen Dielen und einem vergoldeten Wetterhahn ausgestattet – diente bis ins 18. Jahrhundert als Wohnsitz für den Syndikus.
Das Schul- und Kulturamt hatte bis 2006 seinen Sitz in dem Gebäude. Seitdem stand das frühere Syndikatshaus, das zentral im Dreieck von Rathaus, Kloster und der Kirche St. Michaelis liegt, leer.