Osnabrück. Dem Jugendamt war klar, dass die Familie Hilfe brauchte. Sollte das Kind überleben, trägt es wohl bleibende Schäden davon.
Im Fall des lebensgefährlich verletzten Säuglings aus Osnabrück hat das Jugendamt schon während der Schwangerschaft einen Hinweis aus der Familie erhalten. Man habe den Kontakt gesucht, dabei sei klar geworden, dass die Familie Hilfe brauche, sagte der Sprecher der Stadt Osnabrück, Gerhard Meyering, am Freitag.
Das Jugendamt habe Angebote gemacht, die Eltern seien „sehr kooperativ“ gewesen - Hinweise auf eine Gefährdung des Kindeswohls habe es nicht gegeben. Zuvor hatte NDR 1 Niedersachsen darüber berichtet. Nach Angaben des Behörden-Sprechers wurde vereinbart, dass die Eltern sich nach der Geburt melden. Staatsanwaltschaft, Polizei und Stadt wollten keine näheren Angaben zum Hintergrund der Familie machen. Auch wollten sie nicht sagen, wer aus dem Umkreis der Familie den Hinweis auf die Gefährdung des Kindeswohls gegeben hat.
Der Tatort war die Wohnung, nicht die Wiese
Gegen den Vater des wenige Tage alten Kindes wurde inzwischen Haftbefehl wegen versuchten Totschlags erlassen (wir berichteten). Die Eltern hatten ursprünglich behauptet, dass ein Hund das Kind angegriffen und verletzt habe. „Die ganze Hundegeschichte ist erlogen“, sagte Oberstaatsanwalt Alexander Retemeyer. „Wir können ausschließen, dass das Kind durch Hundebisse verletzt wurde.“ Der Säugling sei geschlagen worden, offene Wunden gab es nicht.
„Wir gehen davon aus, dass sich die Mutter zum Tatzeitpunkt nicht in der Wohnung aufgehalten hat“, sagte Retemeyer am Freitag. „An der erlogenen Hundegeschichte war sie aber beteiligt.“ Tatort sei wahrscheinlich die Wohnung des Paares gewesen, nicht weit vom Platz der angeblichen Hundeattacke entfernt. Das Kind war erst am Dienstag aus der Geburtsklinik entlassen worden, es befand sich nur vier Stunden in der alleinigen Obhut seiner Eltern.
Weil das Kind schrie, schlug er zu
Der Vater gab inzwischen an, dass sein Kind geschrien habe und er es ruhig stellen wollte. Deshalb habe er es geschlagen. Zum Gesundheitszustand des kleinen Jungen gab es am Freitag keine neuen Erkenntnisse. Das Kind sei lebensgefährlich verletzt worden, sein Zustand sei aber weiterhin stabil, sagte Retemeyer. Aber: „Sollte das Kind überleben, so sind bleibende Schäden zu befürchten.“
Dem Amt ist offenbar nichts vorzuwerfen. „Es gibt keinen Anfangsverdacht für Versäumnisse“, sagte Retemeyer. „Gegen die Mitarbeiter des Jugendamtes der Stadt Osnabrück ermitteln wir nicht, das ist absurd“, betonte er am Freitag.