Hannover. Unter der wachsenden Zahl der Salafisten in Niedersachsen sind mehr junge Frauen, warnt der Verfassungsschutz.
Für die weiter wachsende Zahl radikal-islamischer Salafisten in Niedersachsen hat sich die Region Hildesheim/Göttingen zu einem neuen Schwerpunkt entwickelt. Ein Drittel der im vergangenen Jahr Richtung Syrien und Irak ausgereisten Gotteskrieger stammt von dort, hieß es im Verfassungsschutzbericht 2015, den Innenminister Boris Pistorius (SPD) am Donnerstag vorgelegte.
Die Zahl der Salafisten stieg von 400 Ende 2014 auf gegenwärtig über 540. Inzwischen sind 75 der Extremisten aus Niedersachsen zum Islamischen Staat (IS) und anderen Terrororganisationen aufgebrochen. Praktisch alle stammen aus muslimisch geprägten Zuwandererfamilien.
Wie der Minister sagte, gerieten verstärkt junge Mädchen in den Bann islamistischer Propaganda. Insgesamt sinke das Alter fanatisierter junger Menschen. Motor der Radikalisierung sei zunehmend das Internet, so dass das Elternhaus und erst recht die Ermittlungsbehörden das Abgleiten der jungen Menschen zunächst nicht mitbekämen.
Aufbruch in den Dschihad habe an Attraktivität verloren
Der Aufbruch in den Dschihad habe aber an Attraktivität verloren, die Zahlen seien rückläufig, sagte Pistorius. Grund seien wohl die massiven Luftangriffe auf den IS, dessen Vormarsch dadurch gestoppt sei. Eine Spekulation sei, dass die Terrorgruppe Anhänger stattdessen zu Anschlägen in ihren Herkunftsländern ermuntere.
„Die Gefährdungslage ist nach wie vor unverändert hoch“, sagte Pistorius zur Gefahr islamistischer Terrortaten in Deutschland. Er verwies auf das abgesagte Fußballspiel in Hannover und die Messerattacke einer radikalisierten 15-Jährigen auf einen Polizisten in der Landeshauptstadt.
Ein besonderes Sicherheitsrisiko stellten die 26 aus den Kampfgebieten nach Niedersachsen zurückgekehrten Islamisten dar, die die Behörden nicht rund um die Uhr überwachen oder ohne hinreichende Belege einfach hinter Gitter sperren könne, sagte der Minister.
Zahl der Rechtsextremisten in Niedersachsen rückläufig
Entgegen dem Bundestrend rückläufig ist unterdessen die Zahl der Rechtsextremisten in Niedersachsen. Die Zahl der Neonazis sank von 320 auf 280. Die Zahl der Anhänger rechtsextremistischer Netzwerke ging von 630 auf 600 zurück. Die Mitgliederzahl der rechtsextremen NPD schrumpfte um zehn Prozent auf 370.
„Der leichte Rückgang ist kein Grund zur Entwarnung und heißt nicht, dass damit das rechtsextreme Gedankengut verschwunden wäre“, sagte Pistorius. Dies zeige nicht zuletzt die starke Zunahme von Übergriffen auf Flüchtlingsunterkünfte. Die Täter stammten durchaus aus der Mitte der Gesellschaft und seien den Behörden bis dahin oft nicht als Rechtsgesinnte bekannt gewesen.
Dem Linksextremismus rechneten die Verfassungsschützer 625 Menschen zu, 60 weniger als im Vorjahr. Vor allem der Antirassismus und Antifaschismus mobilisiere die linke Szene, der es darüber hinaus aber auch um eine Überwindung der freiheitlich demokratischen Grundordnung gehe, erklärte der Minister. Die Ausschreitungen bei der Eröffnung des Neubaus der Europäischen Zentralbank in Frankfurt, an der auch niedersächsische Linksextremisten beteiligt waren, zeigten die geringe Hemmschwelle zur Gewalt auch gegenüber Menschen.