Zeven . Niedersachsen stellt bereits vier Häuser zur Verfügung. In Hamburg und Schleswig-Holstein sind Herbergen bislang nur Notquartiere.

Die Jugendherberge Zeven liegt idyllisch. Der verschachtelte rote Klinkerbau befindet sich mitten im Wald „Großes Holz“. Ein Abenteuerspielplatz ist nicht weit, ebenso ein Waldlehrpfad und ein Trimm-Dich-Pfad. Doch wenn Bewohner Wassim Albargash in den Wald geht, dann nicht, um diese Angebote zu nutzen. „Ich telefoniere mit meiner Frau“, sagt der 26-Jährige. „Im Wald habe ich meine Ruhe und ein besseres Netz als im Haus.“ Der junge Arzt ist Flüchtling aus Syrien. Seit sechs Wochen lebt er in der Jugendherberge Zeven im Landkreis Rotenburg/Wümme - dort, wo sonst Schulklassen ihre Freizeiten verbringen.

Das Deutsche Jugendherbergswerk (DJH) will in der kalten Jahreszeit in seinen Häusern verstärkt Unterkünfte für Flüchtlinge zur Verfügung stellen. Hauptgeschäftsführer Bernd Dohn hatte angekündigt, rund 3800 Flüchtlingen in Herbergen in Niedersachsen, Bremen, Nordrhein-Westfalen, Bayern und Sachsen-Anhalt vorübergehend ein Dach über dem Kopf zu geben. Den Menschen soll so der Winter im Zelt erspart bleiben.

Auch die Jugendherbergen in Hamburg und Schleswig-Holstein, die im Landesverband Nordmark zusammengeschlossen sind, haben grundsätzliche Bereitschaft signalisiert, Flüchtlinge aufzunehmen. "Bislang haben wir aber noch keine offiziellen Anfragen von den Behörden", sagte Sprecherin Jessica Backhus auf Anfrage des Hamburger Abendblatts. Allerdings seien bereits vereinzelt Familien und kleine bis mittelgroße Gruppen in Herbergen über einzelne Nächte untergebracht worden.

Insgesamt verfügt der Landesverband über knapp 8000 Betten, davon sind 800 in den Hamburger Häusern an der Horner Rennbahn (412 Betten) und am Stintfang (347 Betten). Gerade in Hamburg seien die Herbergen auch im Winter durch Schulklassen und Gruppen gut belegt, sagte Sprecherin Backhus. "Es muss in jedem Fall geprüft werden, was machbar ist."

Im Winter werden die Häuser sonst geschlossen

In Nordwest-Niedersachsen und Bremen werden von 31 Häusern vier für das Angebot genutzt: In Bad Iburg (Kreis Osnabrück) und Zeven stehen die Herbergen komplett für die Flüchtlinge zur Verfügung - in Bad Iburg seit der vergangenen Woche, in Zeven seit Februar. „Im Winter wären die Häuser sonst geschlossen“, sagt Oliver Engelhardt vom DJH-Landesverband Unterweser-Ems. Reservierungen für Zeven für den Sommer mussten umgebucht werden. „Wir haben immer adäquaten Ersatz gefunden“, betont Engelhardt. In Bremen und Oldenburg soll dagegen der normale Betrieb weitergehen, parallel werden zwischen 50 und 100 Betten für Flüchtlinge bereitgehalten.

Schüler und Flüchtlinge zusammen in einem Haus

„Das haben wir so auch im letzten Winter in Worpswede gemacht“, erzählt Jan Feldmann. Herbergsvater hätte man den 43-Jährigen früher genannt. Heute heißt das Hausleitung - und die hat Feldmann für die Herbergen in Worpswede (Landkreis Osterholz), Zeven und Verden inne. Die zeitgleiche Unterbringung von Schulklassen und Flüchtlingen sei eine „Superlösung“ gewesen. „Für beide Seiten“, betont Feldmann. „Wenn die Zehntklässler schon verzweifelt sind, wenn ihr Akku vom Handy leer ist, ist es schön, wenn sie sehen, was wirklich auf der Welt los ist.“ Die Lehrer seien schon vor der Anreise darüber informiert worden, dass auch Flüchtlinge im Haus lebten. „Meist trifft man auf Verständnis.“

In Zeven sind 100 Flüchtlinge untergebracht

In Zeven sind bis zu 100 Flüchtlinge aus Syrien und dem Balkan untergebracht. „Sie bleiben in der Regel drei Monate“, sagt Gisela Böhme, die für die Arbeiterwohlfahrt (AWO) die Flüchtlinge betreut. Die AWO bietet Kinderbetreuung und Deutschkurse an - so wie die Unterbringung bezahlt vom Land Bremen. Auf dem Außengelände können die Kinder fernab vom Straßenverkehr mit Rädern und Rutscheautos fahren. „Vor allem die Kinder und Frauen sind hier glücklich“, sagt Böhme.

Trotz der Angebote sei „Langeweile ein Thema“, sagt Oliver Engelhardt. Deshalb hat Hausleiter Jan Feldmann schon einiges auf die Beine gestellt. Er ist mit den Bewohnern zum Freizeitpark gefahren, hat einen Grillabend und einen Ausflug zum Kletterpark organisiert. Auch hat der DJH-Landesverband auf eigene Kosten drei betreute Freizeiten für Flüchtlingskinder organisiert.

Wassim Albargash spielt Tischtennis und lernt Deutsch

Wassim Albargash vertreibt sich seine Zeit mit Tischtennis und Deutsch Lernen. Der Arzt hofft, dass er seine Frau bald nach Deutschland holen kann, um dann mit ihr nach Dresden zu gehen und dort zu arbeiten. Der Syrer wohnt mit drei Männern in einem Zimmer mit drei Etagenbetten. Er ist etwas verlegen, als er den Raum zeigt: „Es ist nicht so aufgeräumt wie bei den Frauen“, sagt Albargash lächelnd auf Deutsch. In dem Zimmer kann er wieder gut schlafen. In den beiden Massenunterkünften, in denen er zuvor war, sei es einfach zu laut gewesen.

Allerdings sei von Zeven der Weg zu den Behörden in Bremen sehr weit. „Das dauert eineinhalb Stunden für eine Strecke.“ Deshalb will das DJH auch in der Bremer Herberge ab Dezember Betten anbieten, obwohl die Auslastung dort schon mit normalen Gästen kaum besser sein könnte.

Auf dem Speiseplan in Zeven stehen für die Flüchtlinge keine anderen Gerichte als für die Schulklassen. „Natürlich haben wir Schweinefleisch gestrichen, aber wir stellen uns immer auf die Bedürfnisse der Gäste ein“, sagt Feldmann. Und wird noch der obligatorische Hagebuttentee ausgeschenkt? „Auch“, sagt der Hausleiter. Angeboten würden aber auch andere Heißgetränkesorten. „Unser Frühstück hat Fünf-Sterne-Qualität.“