Berlin. Die britische Königin Elizabeth II. wird im Juni nach Deutschland kommen. Dabei will die 89-Jährige auch nach Bergen-Belsen reisen.

Die Queen besucht bei ihrer Reise durch Deutschland auch ein ehemaliges Konzentrationslager. „Bergen-Belsen ist der persönliche Wunsch der Königin, ein wichtiger Teil unserer gemeinsamen Geschichte“, sagte der britische Botschafter in Berlin, Simon McDonald. Es sei für sie der erste Besuch in einem Konzentrationslager. Das Lager Bergen-Belsen (Niedersachsen) wurde kurz vor Ende des Zweiten Weltkriegs vor 70 Jahren von britischen Soldaten befreit. Die Reiseziele der Queen werden normalerweise von der britischen Regierung festgelegt.

Königin Elizabeth II. (89) wird vom 23. bis 26. Juni zu ihrem fünften Staatsbesuch in Deutschland erwartet. Ein Besuch in der Hauptstadt Berlin gilt als selbstverständlich. Auch Frankfurt am Main steht auf dem Programm: „Frankfurt ist die größte Stadt Deutschlands, in der die Königin noch nie war“, erläuterte McDonald das Programm. Dazu habe Hessen den Vorsitz des Bundesrats. Frankfurt werde der Ort für das Fest zu 25 Jahren Wiedervereinigung im Oktober sein.

Die Paulskirche sei die sogenannte Wiege deutscher Demokratie, so McDonald. Die Königin besucht demnach die Paulskirche und den Römer. Der Botschafter sieht auch eine königliche Verbindung: „Im Kaisersaal wurden Vorverhandlungen zur Wahl der deutschen Könige und Kaiser und Krönungsbankette abgehalten.“

Stationen des Queen-Besuchs in Deutschland
Stationen des Queen-Besuchs in Deutschland © dpa-infografik | dpa-infografik GmbH

Fragen an den britischen Botschafter Simon McDonald:

Wie wählen Sie das Programm aus?

McDonald: „Die Königin will immer etwas Neues kennenlernen. Sie ist 89 Jahre alt, aber immer noch neugierig. Sie will, dass so viele Deutsche wie möglich sie sehen. Sie ist eine offene Persönlichkeit. Die Sicherheit ist immer ein Thema. Es gibt ein Spannungsfeld zwischen den Sicherheitswünschen der Behörde und der Königin. Aber wir haben eine Lösung. Hoffentlich können viele Deutsche die Queen angucken.“

Wo stehen die Chancen besonders gut, dass ich ein Selfie mit der Queen bekomme?

McDonald: „Kein Selfie - das ist nicht erlaubt. Aber die Queen fährt mit dem Schiff auf der Spree, von Schloss Bellevue bis zum Reichstag. Man kann am Ufer stehen. Oder am Pariser Platz, wo am Freitagmorgen ein „walkabout“ (kleiner Rundgang) geplant ist.“

Der britische Botschafter in Deutschland, Sir Simon McDonald
Der britische Botschafter in Deutschland, Sir Simon McDonald © dpa | Soeren Stache

Staatsbesuche haben eine Botschaft: 1965 etwa, dass sich Deutschland und Großbritannien nach 1945 annähern. 1992 ging es um das wiedervereinte Deutschland, die Queen war damals auch in Dresden. Was sagt der Besuch diesmal aus?

McDonald: „Es gibt immer eine politische Botschaft. Diesmal: Das Verhältnis zwischen Deutschland und Großbritannien ist sehr, sehr gut. In Großbritannien stehen wir am Anfang eines Referendums zur EU-Mitgliedschaft. Der Premierminister hat gerade gesagt, davor brauchen wir eine Wiederverhandlung mit unseren Partnern. Deutschland ist der größte Partner und sehr wichtig. Ich denke, die Deutschen schätzen Großbritannien und wollen, dass es in der EU bleibt.“

Spricht die Queen Deutsch?

McDonald: „Ich glaube nicht. Der Herzog (Prinz Philip) schon. Die Königin spricht Französisch.“

Sind die Deutschen nach wie vor so royal-verrückt wie zu Dianas Zeiten?

McDonald: „Genauso begeistert, würde ich sagen, nicht verrückt. Das war für mich als Botschafter in meinen viereinhalb Jahren eine Überraschung. Die Begeisterung der Deutschen für die Königin und die Familie ist etwas Besonderes. Der historische Hintergrund spielt eine Rolle. Das Geschlecht der Hannoveraner kommt aus Hannover, die Königin ist die direkte Nachfolgerin von Georg I.. Und außerdem: Die Deutschen haben keine königliche Familie mehr. Es gibt eine Sehnsucht nach dem Zeremoniell, der Stabilität und der Kontinuität.“

Wie hat sich das Deutschlandbild der Briten seit dem letzten Staatsbesuch 2004 verändert?

McDonald: „Die Länder haben sich angenähert. Die Weltmeisterschaft 2006 in Deutschland hat eine große Rolle gespielt. Und 2010 hat Deutschland in Südafrika England geschlagen. Das war bitter, aber die britischen Zeitungen haben geschrieben: Das war verdient. 2014 haben die meisten Briten im Finale mit den Deutschen gefiebert, wobei es eine Rolle spielte, dass Argentinien der Gegner war.“

Und die Nazi-Vergleiche? 2004 hat sich noch eine englische Zeitung mokiert, die Queen müsse in Berlin in Hitlers Bankettsaal tafeln, gemeint war ein Bau des Historischen Museums.

McDonald: „Ich glaube, so etwas ist total vorbei. Es ist ein reifes, vernünftiges Verhältnis.“

Was habe ich zu beachten, wenn ich die Queen treffe?

McDonald: „Es ist entspannter als früher. Im Allgemeinen berührt man die Queen nicht. Männer nicken mit dem Kopf. Frauen auch, oder sie machen einen Knicks, wenn sie wollen, sie müssen nicht. Die korrekte Anrede ist „Your Majesty“, danach „Ma’am“. Normalerweise fängt die Königin das Gespräch an. Sie ist das Staatsoberhaupt.“

Wie haben Sie die Queen erlebt?

McDonald: „Als Botschafter habe ich sie mehrmals erlebt. Wir haben diese Zeremonie am Anfang, das „Kissing Hands“ (Handkuss). Das ist eine alte Tradition aus dem Mittelalter, man berührt die Königin nicht. Ich hatte das 2010, verbunden mit einem Vier-Augen-Gespräch. Das war hoch interessant. Und: geheim.“

Welcher König wird mal auf dem Pfundschein sein, Charles oder William?

McDonald: „Das kommt sicher. Aber die Queen ist total gesund und begeistert bei ihrer Aufgabe, es gibt keinen Grund für einen Wechsel. Unser System ist, dass man bis zum Ende bleibt.“

Verraten Sie uns: Gibt es wirklich ein geheimes Signal, wie die Königin ihre Handtasche trägt? Etwa: Wenn sie die Tasche vom linken zum rechten Arm wechselt, heißt das angeblich: Zeit zu gehen.

McDonald: „Das weiß ich nicht. Das ist ein guter Tipp, das ist mir neu (lacht).“

Zur Person: Simon McDonald (54) ist seit 2010 britischer Botschafter in Berlin. Seine Diplomatenkarriere führte ihn seit 1982 nach Dschidda, Riad, Bonn, Washington und Tel Aviv. Vor seiner Zeit in Berlin war er unter anderem außenpolitischer Berater des Premierministers. Mit seiner Frau Olivia hat er vier Kinder. Er trägt den Titel „Sir“ und spricht sehr gut Deutsch.

(dpa)