Osnabrück. Die Osnabrücker Friedensgespräche sind eine ehrwürdige Institution. Die Einladung von Vitali Klitschko hat zu Protesten geführt.
Vor dem Osnabrücker Rathaus steht eine Handvoll Menschen vom Verein der Verfolgten des Naziregimes. Im Regen steht der Osnabrücker Ortsvorsitzende, Helmut Schmitz, und hält ein Plakat in die Luft. „Wer Faschisten zur Macht verhilft, Herr Klitschko, ist eine Gefahr für Europa“, steht darauf. „Klitschko kooperiert mit einer faschistischen Partei“, empört sich Schmitz. Er meint Vitali Klitschko, den in Deutschland populären Ex-Boxweltmeister, inzwischen Bürgermeister der ukrainischen Hauptstadt Kiew. An diesem Donnerstagabend ist Klitschko Gast einer Diskussionsveranstaltung in Osnabrück - die Einladung hat in der Stadt zu Protesten geführt. Die örtliche SPD bleibt demonstrativ dem Empfang im Rathaus vor dem Diskussionsabend fern.
Die Absicht des Abends sei es, Informationen aus erster Hand über den komplizierten und verwickelten Konflikt zwischen der Ukraine und Russland zu bekommen, sagt Reinhold Mokrosch, Moderator des Abends, zu Beginn. „Wir sind kein Tribunal“, betont der emeritierte Theologieprofessor. Aber schon beim Eingangsvortrag Klitschkos gibt es Zwischenrufe aus dem Publikum. Gut 1100 Menschen sind an diesem Abend in die Osnabrücker Stadthalle gekommen.
Klitschko macht in seinem Statement Russland für den Konflikt verantwortlich. Das von Wladimir Putin regierte Land wolle nicht, dass sich die Ukraine der Wertegemeinschaft des Westens anschließe. Der Krieg zwischen Russland und der Ukraine sei in Wirklichkeit eine Auseinandersetzung zwischen Russland und Europa. Pfiffe und zustimmender Beifall wechseln sich während seines Statements ab.
Weitere Diskussionsteilnehmer sind der frühere EU-Parlamentspräsident Hans-Gert Pöttering (CDU) und der Journalist Reinhard Lauterbach. Während Pöttering sich auch sehr Putin-kritisch äußert und sich eine Ukraine wünscht, die irgendwann einmal Mitglied der Europäischen Union sein wird, zeichnet Lauterbach das Bild einer nationalistischen, russlandfeindlichen Ukraine. „Auch westliche Vertreter haben zu dieser Eskalation beigetragen“, sagt er.
Klitschko gelingt es an diesem Abend nicht, seine Kritiker zu überzeugen. Wenn er sagt, er habe keine Nationalisten auf dem Maidan gesehen und es gebe keine Diskriminierung der russischen Minderheit in der Ukraine, lachen ihn viele Mitglieder der Osnabrücker Friedensinitiative im Publikum aus.
Muss man Angst um einen dritten Weltkrieg haben, wenn die Amerikaner Waffen an die Ukraine liefert, fragt Mokrosch Klitschko. Die Russen hätten modernste Waffen, Mut und Patriotismus reichten alleine nicht, antwortet dieser: „Wir hoffen aber auf den Minsker Friedensprozess.“ Er liebe sein Land, und er arbeite dafür, dass die Ukraine trotz aller Probleme irgendwann „Teil der europäischen Familie“ sein werde, so das Schlusswort Klitschkos.