Salzgitter. Atommüll möchte keiner haben. Der Protest gegen das Endlager Schacht Konrad ist groß. Die Chancen, es doch noch zu verhindern, stehen schlecht

Der Bund lehnt eine erneute Überprüfung des früheren Erzbergwerks Schacht Konrad auf seine Eignung als Atomendlager - wie von dessen Gegnern gefordert - strikt ab.

„Nein, das Endlager Schacht Konrad ist genehmigt“, heißt es in einer Stellungnahme des Staatssekretärs im Bundesumweltministerium, Jochen Flasbarth. Die Inbetriebnahme des Endlagers werde unter strikter Berücksichtigung der Sicherheit mit Hochdruck vorangetrieben. „Das Endlager Schacht Konrad muss so schnell wie möglich errichtet und wie genehmigt in Betrieb genommen werden“, sagte er.

Eine vom Ministerium ins Spiel gebrachte mögliche Erweiterung sei völlig offen, aber auch nicht ausgeschlossen. Kritiker aus der Region fordern, die Suche nach einem Endlager für schwach- und mittelradioaktiven Müll neu zu starten oder zumindest Schacht Konrad erneut zu prüfen.

Endlagergegner auf verlorenem Posten

Tief unter der Erde steht im Dämmerlicht ein Stahlkoloss. Eine riesige Maschine mit zwei gezackten Halbkugeln, die sich unter gewaltigem Lärm in den Stein graben können, um Platz zu schaffen. Platz für Atommüll, der im ehemaligen Erzbergwerk Schacht Konrad bei Salzgitter eingelagert werden soll. Die Arbeit könnte dem Bohrer so schnell nicht ausgehen. Denn das bislang einzige Endlager für schwach- und mittelradioaktiven Müll ist schon jetzt zu klein, wenn dieser Müll nicht auch woanders eingebracht werden soll.

Schacht Konrad in Salzgitter

Die Außenanlage des Schacht Konrad Eins in Salzgitter
Die Außenanlage des Schacht Konrad Eins in Salzgitter © dpa | Ole Spata
Ein Bergmann sitzt am Steuerstand einer Teilschnittmaschine im Atomendlager Schacht Konrad
Ein Bergmann sitzt am Steuerstand einer Teilschnittmaschine im Atomendlager Schacht Konrad © dpa | Ole Spata
In dem stillgelegten Eisenerzbergwerk wird ein Atomendlager gebaut
In dem stillgelegten Eisenerzbergwerk wird ein Atomendlager gebaut © dpa | Ole Spata
In rund 1000 Meter Tiefe dürfen 303 000 Kubikmeter schwach- und mittelradioaktiver Atommüll entsorgt werden
In rund 1000 Meter Tiefe dürfen 303 000 Kubikmeter schwach- und mittelradioaktiver Atommüll entsorgt werden © dpa | Ole Spata
Konrad ist bisher das einzige nach Atomrecht genehmigte Endlager
Konrad ist bisher das einzige nach Atomrecht genehmigte Endlager © dpa | Ole Spata
Eine Tonne liegt im Atomendlager Schacht Konrad in Salzgitter
Eine Tonne liegt im Atomendlager Schacht Konrad in Salzgitter © dpa | Ole Spata
Eine Besucherin geht in den Aufzug im Atomendlager Schacht Konrad in Salzgitter
Eine Besucherin geht in den Aufzug im Atomendlager Schacht Konrad in Salzgitter © dpa | Ole Spata
„Konrad - Mit Sicherheit Vertrauen schaffen“ steht im Atomendlager Schacht Konrad in Salzgitter
„Konrad - Mit Sicherheit Vertrauen schaffen“ steht im Atomendlager Schacht Konrad in Salzgitter © dpa | Ole Spata
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Schacht Konrad ist bislang für 303 000 Kubikmeter Abfall genehmigt. Zuletzt wollte Bundesumweltministerin Barbara Hendricks (SPD) die Anlage noch vor 2022 in Betrieb nehmen. Unter Tage arbeiten nach Angaben des Bundesamtes für Strahlenschutz (BfS), das für Konrad verantwortlich ist, bis zu 200 Spezialisten gleichzeitig.

Den Kritikern ist das ein Dorn im Auge, auch wenn sie keinerlei Handhabe mehr dagegen sehen. „Rechtlich können wir das nicht verhindern“, räumt Frank Klingebiel (CDU), der Oberbürgermeister von Salzgitter, ein. Die Gegner hatten bis zur letzten Instanz geklagt, ohne Erfolg. Nur der Bund selbst könne noch auf die Betriebsgenehmigung verzichten, sagt Klingebiel.

Die Genehmigung stamme von 2002, moniert er. Damalige Untersuchungen lässt er nicht gelten. „Die sind nach den wissenschaftlichen Standards von heute völlig überholt.“ Er fordert, die Suche nach einem Endlager für schwach- und mittelradioaktiven Müll erneut zu eröffnen oder zumindest die Eignung von Schacht Konrad zu prüfen.

In Berlin stößt er damit auf taube Ohren. „Das Endlager Schacht Konrad muss so schnell wie möglich errichtet und wie genehmigt in Betrieb genommen werden“, sagt Jochen Flasbarth, Staatssekretär im Bundesumweltministerium. Es sei „von zentraler Bedeutung“. Daher werde die Inbetriebnahme mit Hochdruck vorangetrieben - unter Berücksichtigung der Sicherheit. Flasbarth betont: „Der Planfeststellungsbeschluss ist rechtskräftig.“

Der Bund steht unter Druck. Er muss der EU-Kommission darlegen, wie der ganze Atommüll entsorgt werden soll. Eine Vergrößerung von Konrad steht im Raum. In einem Entwurf für das Nationale Entsorgungsprogramm steht, dass „nach Inbetriebnahme“ des Endlagers Konrad gegebenenfalls eine Erweiterung geprüft werden soll, unter anderem für radioaktive Abfälle aus der Schachtanlage Asse II.

Das könnte eine Verdopplung des Atommülls in Schacht Konrad bedeuten. „Ob die Kapazität des Endlagers Konrad erweitert werden soll, ist bisher völlig offen, aber auch nicht ausgeschlossen“, sagt Flasbarth. Denkbar sei auch, dass man den Standort für das neue Endlager für insbesondere hochradioaktiven Atommüll so auswählt, dass er auch schwach- und mittelradioaktive Abfälle aufnehmen kann.

Die rot-grüne Landesregierung hat Ohren für die Kritik

Gegner einer Konrad-Erweiterung stoßen sich besonders an den beiden Wörtchen „nach Inbetriebnahme“. Denn ist Konrad erst einmal in Betrieb, ist nach Angaben von Flasbarth nicht mehr - wie zum jetzigen Zeitpunkt - das Land Niedersachsen die Genehmigungsbehörde, sondern eine Bundesbehörde. „Das legt den Schluss nahe, dass man da eine Vereinfachung haben will, anstatt die Frage zu klären, ob die Langzeitsicherheit gegeben ist“, sagt Peter Dickel, Sprecher der AG Schacht Konrad, die zu den Gegnern gehört.

Flasbarth hält die Vorwürfe für ungerechtfertigt: „Das ist Unsinn.“ Sollten die Lagerkapazitäten tatsächlich erweitert werden, wäre bei einem dann notwendigen neuen Planfeststellungsverfahren das Bundesamt für kerntechnische Entsorgung zuständig, die Anforderungen an das Verfahren blieben aber die gleichen. Diesem Vorgang habe auch das Land Niedersachsen zugestimmt.

Die rot-grüne Landesregierung in Niedersachsen hat durchaus Ohren für die Kritik der Endlagergegner, im Koalitionsvertrag steht eine beabsichtigte „Neubewertung der Konzeptions- und Einlagerungssituation von Schacht Konrad“. Das hatte Hoffnung bei den Gegnern geschürt. „Wir haben Konrad nie für genehmigungsfähig gehalten“, sagt Dickel.

Das Entsorgungsprogramm solle nach einer Beteiligung der Öffentlichkeit und einem Beschluss durch das Bundeskabinett fristgerecht zum 23. August 2015 an die EU-Kommission übersandt werden, sagt Flasbarth. Am Donnerstagabend wollte er sich auf einer Podiumsdiskussion in Salzgitter seinen Kritikern stellen. Auch Frank Klingebiel wird da sein. Hat er noch Hoffnung, das Endlager zu verhindern? Er sagt: „Wer nicht kämpft, hat schon verloren.“

(dpa)