Braunschweig bleibt international meist unter dem Radar. Zum Karnevalsumzug drohte ein Terroranschlag. Am Tag danach herrschen Angst und Trotz.
Braunschweig. „Jetzt ist Lächeln angesagt. Ist das klar?“ Festredner Bernd Ratayczak gibt sich reichlich Mühe, Stimmung in die Bude zu kriegen. Das ist gar nicht so leicht. Schließlich mussten die Karnevalisten in Braunschweig auf ihr Highlight in der 5. Jahreszeit verzichten.
Am Sonntag wurde der „Schoduvel“ genannte Umzug wegen Terrorgefahr abgesagt. Einen Tag später, beim städtischen Rosenmontagsempfang, wird trotzig gelacht. Doch einigen Jecken steckt die Angst in den Knochen.
Eine Karnevalistin mit Orden am Revers steht in der Ecke. Vor ihr tanzen junge Mädchen zu schmissiger Musik. Die Frau ist enttäuscht. So viel Arbeit für nichts. Angst vor dem Terror sei sicherlich auch dabei, sagt sie. „Man hört das immer nur von außen und dann ist das plötzlich so nah.“
Doch Braunschweigs Oberbürgermeister Ulrich Markurth (SPD) will nicht zulassen, dass sich die Furcht in der Stadt breitmacht. „Wenn wir jetzt Angst haben, dann können wir einpacken“, sagt er. Er fordert die Leute auf, ordentlich zu feiern.
Der begeisterte Karnevalist Markurth hat sich herausgeputzt, zahlreiche Orden baumeln ihm um den Hals, er hat eine Jeckenkappe auf. Doch auch der Oberbürgermeister ist geknickt. „Ich hoffe sehr, dass diese Wunde vernarbt“, sagt er. Es sei ihm schwer gefallen, den Zug, der mit sechs Kilometern als der längste Norddeutschlands gilt, nicht stattfinden zu lassen. Aber: „Es ging wirklich um Leib und Leben von Menschen auf dem Zug.“
Zum „Schoduvel“ hatten die Veranstalter bis zu 250 000 Besucher erwartet. Es sollten 35 Musikgruppen und 121 Motivwagen durch die Stadt ziehen. Tonnenweise Süßigkeiten waren vorbereitet, um sie unter die Jecken zu werfen.
Ein mulmiges Gefühl bleibt
Die Sicherheitsbehörden hatten am Sonntagvormittag den Umzug kurzfristig abgesagt. Von „einer konkreten Gefährdung durch einen Anschlag mit islamistischen Hintergrund“ war die Rede. Die Meldung sorgte deutschlandweit für Bestürzung. Selbst die New York Times und die britische Tageszeitung „The Daily Telegraph“ berichteten. Hunde suchten anschließend in der Braunschweiger Innenstadt nach Sprengstoff. Gefunden wurde nach Angaben der Behörden nichts.
Doch ein mulmiges Gefühl bleibt. Ganz sicher fühle sie sich momentan nicht, sagte eine Frau, die im weißen Sakko auf den Empfang gekommen ist. „Bei großen Veranstaltungen kann ja immer was passieren“, sagt sie und verweist auf die islamistischen Gruppen in der näheren Umgebung. Braunschweig gilt als eines der niedersächsischen Zentren des Salafismus. In Wolfsburg wurde erst kürzlich ein mutmaßlicher Islamist festgenommen.
Auch Trotz folgt auf die Terrorgefahr
Doch viele der Anwesenden reagieren mit Trotz auf die Terrorgefahr: Jetzt erst recht. „Wir geben auch heute noch Mal richtig Gas“, sagt ein Gardist in fescher Uniform, der sich auch am Vortag nicht die Laune hatte verderben lassen. Einige Karnevalisten bezeugen ihr Vertrauen in die Behörden. „Die Polizei würde uns sonst hier nicht reinlassen.“
Im Saal des Braunschweiger Altstadtrathauses ist Gelächter zu hören. Eine Polonaise kommt vorbei. „Braunschweig ist schöner als Hannover“, singen die Jecken und veralbern die Landeshauptstadt. „Uns kriegt keiner unter“, sagt „Schoduvel“-Zugmarschall Gerhard Baller. Die Planungen für den Umzug im kommenden Jahr seien schon angelaufen. „Und ich hoffe, ihr seid alle wieder dabei!“