Der für den Sonntag geplante Karnevalsumzug ist kurzfristig abgesagt worden. Es waren bis zu 250.000 Menschen erwartet worden. Rosenmontagsumzüge sollen aber stattfinden.

Braunschweig/Berlin. Nach der Terrordrohung gegen den Karnevalsumzug in Braunschweig informiert Niedersachsens Innenminister Boris Pistorius (SPD) den Landtag über die Hintergründe.

Von 11 Uhr an werde er in nicht-öffentlicher Sitzung den Innenausschuss und den Verfassungsschutzausschuss des Landtages unterrichten, teilte die Landtagsverwaltung am Montag in Hannover mit.

Der größte Karnevalsumzug Norddeutschlands „Schoduvel“ war am Sonntag in letzter Minute abgesagt worden. Zur Begründung hieß es, den Sicherheitsbehörden hätten konkrete Hinweise auf einen möglichen Terrorakt mit islamistischem Hintergrund vorgelegen.

Ein Polizeisprecher sagte am Sonntag in Braunschweig, die Hinweise seien aus Ermittlungen des Staatsschutzes hervorgegangen. „Es handelte sich nicht um eine SMS oder einen Drohanruf.“ Bereits am Sonnabendabend hätten die Braunschweiger Behörden die Hinweise erhalten und daraufhin gründlich geprüft. Erst vor wenigen Wochen hatte eine Terrordrohung in Dresden gegen die islamkritische Pegida-Bewegung zu einem Demonstrationsverbot in der gesamten Stadt geführt.

Wie die Polizei weiter mitgeteilt hat, waren bei Absuchmaßnahmen in zwei Fällen auf Gegenstände gestoßen, die einen gewissen Verdacht erregten. Doch von den Objekten ging keine Gefahr aus. In einem Fall handelte es sich um einen Karton, im anderen um eine Thermoskanne.

Zum Braunschweiger Karneval waren am Faschingssonntag bis zu 250.000 Besucher erwartet worden. Das Spektakel gilt als der größte Karnevalsumzug Norddeutschlands. In diesem Jahr sollten 4500 Teilnehmer aktiv dabei sein. Rund 100 Motivwagen waren geplant.

Mit Blick auf die Anschläge von Kopenhagen sehen die Sicherheitsbehörden aber nicht grundsätzlich eine erhöhte Terrorgefahr in Deutschland. Daher sollen in anderen Städten sollen die großen Rosenmontagsumzüge zum Wochenbeginn wie geplant stattfinden. Am Rosenmontag werden unter anderem in den Karnevalshochburgen in Mainz, Düsseldorf und Köln Hunderttausende Menschen bei Straßenumzügen erwartet.

Diese sollen stattfinden. „Wir haben keine Hinweise auf Bedrohungen“, sagte ein Sprecher des Innenministeriums in NRW. Die Polizei sei aber sensibilisiert. Auch in Mainz hieß es aus dem Innenressort, es gebe keine konkreten Hinweise auf eine Terrorgefahr. „Aber wir sind sehr wachsam.“ Die Behörden im Südwesten betonten ebenso, die Fastnachtsumzüge im Land seien nicht gefährdet.

Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) sieht nach den Attacken von Kopenhagen dennoch weiter eine hohe Terrorgefahr in der Bundesrepublik. „Die Gefährdungslage in Deutschland ist unverändert hoch“, erklärte er. „Die Sicherheitsbehörden von Bund und Ländern gehen dabei jedem Hinweis und jeder Information, die sie erreicht, mit größter Sorgfalt nach.“ Sofern Maßnahmen nötig seien, würden sie ergriffen

Terror in Dänemark

Am Wochenende hatten Terroranschläge die Hauptstadt im Nachbarland Dänemark erschüttert. Bei den Attentaten in Kopenhagen waren zwei Menschen getötet und fünf verletzt worden, bevor die Polizei den mutmaßlichen Täter am frühen Sonntagmorgen erschoss.

Das Bundesinnenministerium sieht nach den Anschlägen von Kopenhagen derzeit keine grundsätzlich erhöhte Terrorgefahr in Deutschland. Es gebe nach wie vor eine abstrakt hohe Gefährdung, sagte eine Sprecherin. „Wir haben aber keine konkreten Hinweise auf Anschlagsplanungen in Deutschland“, betonte sie. „Die Lage ist unverändert.“

Aus Sicherheitskreisen hieß es, nach Anschlägen wie im Januar in Paris und nun in Kopenhagen gingen eine Vielzahl an möglichen Terrorhinweisen ein. Die Sicherheitsbehörden müssten jedem Hinweis nachgehen und prüfen, ob es sich nur um Wichtigtuerei handele oder wirklich etwas dahinterstecke. Das sei sehr schwierig – und führe manchmal zu Vorsichtsmaßnahmen wie nun in Braunschweig.

In Braunschweig machte sich am Sonntag Enttäuschung bei bereits angereisten, kostümierten Anhängern des Umzugs breit. Wo eigentlich Motivwagen entlang fahren sollten, herrschte teils gähnende Leere. Die Polizei setzte Spürhunde ein. Braunschweigs Oberbürgermeister Ulrich Markurth (SPD) sagte, dies sei „ein trauriger Tag für unsere demokratische Gesellschaft“. Aber: „Die Einschätzung der Polizei ließ eine andere Entscheidung allerdings nicht zu.“

Landesbischof ruft zur Besonnenheit auf

Unterdessen zeigte sich die Islamische Gemeinschaft Braunschweig betroffen und fassungslos über die Drohungen und die Absage des Karnevalszugs. In einer Mitteilung verurteilte sie „extremistisches Gedankengut, weil es das Zusammenleben zerstören will. Wir stehen entschieden dagegen und lehnen es ab, unsere Religion in jeglicher Sicht missbrauchen zu lassen.“

Und auch Landesbischof Christoph Meyns ruft nach der Absage des Braunschweiger Karnevalsumzuges zur Besonnenheit auf. „Die Wut und der Ärger über die Absage des Karnevalsumzuges dürfen keine Gründe für anti-islamische oder fremdenfeindliche Hetze sein“, sagte der Leiter der evangelisch-lutherischen Landeskirche in Braunschweig am Sonntag. Er plädiert für ein weiterhin friedliches und vertrauensvolles Miteinander der unterschiedlichen Religionen. Über die Absage des Karnevalszugs zeigte sich der Bischof bestürzt. „Dass ein Volksfest vor heimtückischen Anschlägen geschützt werden muss, trifft uns in unseren Vorstellungen von einem friedlichen Miteinander.“

Der Karnevalsumzug durch Braunschweig gilt mit sechs Kilometern Länge als der größte in Norddeutschland. Der als „Schoduvel“ bezeichnete Umzug lockt jährlich mehrere Hunderttausend Narren in die Stadt. „Schoduvel“ bedeutet so viel wie „Scheuchteufel“. Dieser sollte schon im Mittelalter den Winter verscheuchen. Erstmals urkundlich erwähnt wurde das Brauchtum in der Region im Jahr 1293. Im vergangenen Jahr nahmen rund 5000 Teilnehmer und 75 Motivwagen an dem Umzug durch die Stadt teil. Viele der Wagenmotive werden jedes Jahr durch aktuelle politische Themen beeinflusst.