Ein 26 Jahre alter Mann wird verdächtigt, sich der Terrormiliz Islamischer Staat angeschlossen zu haben. Nun wurde er festgenommen und seine Wohnung durchsucht. Der Mann soll einem Richter vorgeführt werden.
Wolfsburg/Karlsruhe/Hannover. Beamte des Landeskriminalamts Niedersachsen haben einen 26 Jahre alten Terrorverdächtigen in Wolfsburg festgenommen. Der Deutsch-Tunesier soll sich der Terrormiliz Islamischer Staat angeschlossen haben, wie der Generalbundesanwalt am Donnerstagabend in Karlsruhe mitteilte. Es gebe aber keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass der Verdächtige Anschläge in Deutschland geplant oder vorbereitet habe.
In Pforzheim hatte die Polizei am Morgen bei einer Razzia die Wohnungen mutmaßlicher Islamisten durchsucht. Vier terrorverdächtige Tschetschenen wurden nach Informationen der „Bild“-Zeitung bei Hornbach in der Pfalz an der Einreise nach Deutschland gehindert.
Der in Wolfsburg Festgenommene soll den Angaben zufolge während eines knapp dreimonatigen Aufenthalts in Syrien zwischen Ende Mai und Mitte August 2014 eine Kampfausbildung durchlaufen haben. Die Wohnung des Mannes wurde durchsucht. Er sollte am Freitag dem Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofs vorgeführt werden, dieser werde über einen Haftbefehl entscheiden.
In Niedersachsen ermitteln die Sicherheitsbehörden gegen mehr als ein Dutzend Islamisten, die nach Syrien aufgebrochen sind. Allein in Wolfsburg gibt es nach Informationen der „Bild“-Zeitung rund 50 IS-Unterstützer. Innenministerium und Verfassungsschutz bestätigten die Zahlen zunächst nicht. Gegen die Verdächtigen in Pforzheim wird wegen des Verdachts der Vorbereitung einer schweren, staatsgefährdenden Gewalttat ermittelt. Einen entsprechenden Bericht der „Stuttgarter Nachrichten“ bestätigte die Staatsanwaltschaft Karlsruhe.
Es wurden Beweismittel beschlagnahmt, aber keine Einzelheiten genannt. Festnahmen gab es offenbar nicht. Die Durchsuchungen stünden nicht im Zusammenhang mit dem Terroranschlag von Paris, sagte eine Sprecherin. Die Tschetschenen stoppte die Bundespolizei laut „Bild“ bereits am Freitagabend im Zuge verschärfter Kontrollen nach den Anschlägen von Paris an der deutsch-französischen Grenze. Die Bundespolizei in Potsdam wollte dies am Donnerstag unter Hinweis auf „einsatztaktische Gründe“ weder bestätigen noch dementieren.
Es gebe eine hohe abstrakte Terrorgefahr und dementsprechend hoch seien die „Schutzmaßnahmen“, erklärte ein Sprecher lediglich. Verfassungsschutz-Präsident Hans-Georg Maaßen ist vor allem besorgt über die wachsende Zahl der Dschihadisten, die von Deutschland in den Irak oder nach Syrien reisen und dort für die Terrormiliz IS kämpfen. Das Risiko, dass kampferprobte Rückkehrer in Deutschland aktiv werden, wachse somit, sagte er der „Rheinischen Post“ (Donnerstag).
Im nordrhein-westfälischen Dinslaken wurde am vergangenen Sonnabend ein Syrien-Rückkehrer festgenommen. Der Generalbundesanwalt wirft dem 24-jährigen Deutschen Mitgliedschaft im IS vor. Er ist nach Informationen des „Stern“ an Waffen ausgebildet worden, soll aber nicht gekämpft, sondern ein IS-Gefangenenlager bewacht haben. Er war seit seiner Rückkehr überwacht worden.
Nach den Anschlägen von Paris soll er von US-Behörden als möglicher Gefährder eingestuft worden sein. Hinweise auf konkrete Terrorpläne des 24-Jährigen in Deutschland gab es aber laut Bundesanwaltschaft nicht. Der Staatsschutz zählte in Dinslaken-Lohberg im vergangenen Jahr 22 Salafisten. Vier Dschihadisten von dort sollen bei Gefechten in Syrien gestorben sein. In ganz Deutschland soll die islamistische Szene mehr als 43.000 Menschen umfassen. 7000 gelten als Salafisten.
Als ein Zentrum radikaler Salafisten haben die Behörden seit langem Wolfsburg im Visier, wo im November bereits ein Syrien-Heimkehrer und mutmaßlicher Kämpfer der Terrormiliz verhaftet wurde. Insgesamt wird von bis zu 40 Islamisten aus Niedersachsen ausgegangen, die in Richtung Syrien aufgebrochen sind.
Wolfsburger OB: Keine konkrete Gefährdungslage
Von den Islamisten in Wolfsburg geht nach Einschätzung der Sicherheitsbehörden keine konkrete Gefährdungslage aus. Die Szene werde aber sei längerem beobachtet, sagte Wolfsburgs Oberbürgermeister Klaus Mohrs. Zuvor hatte die „Bild“-Zeitung von rund 50 Wolfsburger Unterstützern der Terrormiliz Islamischer Staat berichtet. Es sei zwar bekannt, dass es IS-Sympathisanten gebe, sagte Mohrs. Die Zahlen könnten nach Kenntnissen der Stadt aber nicht bestätigt werden.
„Die ganz überwiegende große Zahl auch der muslimischen Mitbürger denkt und handelt völlig anders“, sagte Mohrs. Die Stadtgesellschaft werde sich mit aller Kraft gegen extremistisches Gedankengut zur Wehr setzen und vorurteilsfrei mit Menschen anderer Kulturen und Religionen umgehen.