Jedes Kind kennt Rotkäppchen und damit das Klischee vom bösen Wolf. Die zurückgekehrten Raubtiere wecken aber nicht nur Ängste, sie bereiten reale Probleme. Dann sind ehrenamtliche Experten gefragt.

Dörverden. Im Wolfcenter in Dörverden bei Bremen haben am Wochenende mehr als 30 Frauen und Männer ihre Ausbildung zum Wolfsberater absolviert. Sie sind Ansprechpartner für Tierhalter, wenn Schafe, Ziegen oder junge Rinder gerissen wurden. Das Land zahlt nur Entschädigungen, wenn belegt ist, dass tatsächlich ein Wolf zugeschlagen hat. Dies geschieht in der Regel per Gentest, aber auch Bissspuren werden untersucht. „Die Berater müssen sich ein geübtes Auge aneignen“, sagte der Inhaber des Wolfcenters, Frank Faß. Inklusive der Neueinsteiger gibt es in Niedersachsen nun über 140 ehrenamtliche Wolfsexperten.

„Damit haben wir mindestens zwei Wolfsberater in jedem Landkreis benannt“, sagte die niedersächsische Wolfsbeauftragte Britta Habbe. Die Biologin ist seit drei Jahren im Auftrag des Landes bei der Landesjägerschaft für das sogenannte Wolfsmonitoring verantwortlich, also die Überwachung, wo die Tiere unterwegs sind. Die Wolfsberater arbeiten ihr zu, indem sie Spuren dokumentieren oder Fotofallen betreuen.

Etwa 50 Wölfe leben inzwischen wieder in Niedersachsen. Vorwiegend sind die Tiere in der Lüneburger Heide, im Wendland, im Emsland bei Nordhorn und im Raum Cuxhaven unterwegs. Auch im Landkreis Diepholz gab es im November drei mutmaßliche Wolfsangriffe auf Schafe. Allerdings liegt Habbe zufolge noch kein Ergebnis der DNA-Proben vor. „Überall dort, wo sich Wölfe neu etablieren, ist die Aufregung groß“, sagte die Wolfsbeauftragte. „In der Heide wird das Thema schon viel ruhiger diskutiert.“

Die Rückkehr des Raubtieres bringt Probleme mit sich, das bestreiten auch Naturschützer nicht. Der niedersächsische Umweltminister Stefan Wenzel (Grüne) präsentierte vor kurzem ein neues Programm, um die Ablehnung und Angst vor Wölfen zu senken: Zunächst stehen 100 000 Euro pro Jahr zur Verfügung, um Landwirte nach Tierverlusten zu entschädigen und den Kauf von Elektrozäunen und Schutzhunden zu fördern. Landesweit waren in diesem Jahr bis Ende November 29 Wolfsrisse angezeigt worden.

Unter den angehenden Beratern in der Schulung von Frank Faß sind Jäger, Landwirte und Tierärzte. „Man muss mit Fingergefühl und Verständnis an die Sache herangehen“, sagte der Chef des Wolfcenters. Auf dem 5,2 Hektar großen Gelände in Dörverden leben zwölf Wölfe. 40 000 Besucher informieren sich hier jährlich über das Tier mit dem schlechten Image. Das ausgeweitete Entschädigungsprogramm des Landes sei ein erster Schritt, sagte Faß. Allerdings müsse der Schutz von Nutztieren noch weiterentwickelt werden.