Ein 30 Jahre alter Tschetschene war am Freitag mit Hilfe von geknoteten Bettlaken aus dem gesicherten Maßregelvollzug in Moringen ausgebrochen. Der gefährliche Straftäter ist immer noch auf der Flucht.

Moringen. Trotz öffentlicher Fahndung gibt es von einem aus dem Maßregelvollzugszentrum Moringen (Kreis Northeim) ausgebrochenem Schwerverbrecher noch keine Spur.

„Wir haben keine konkreten Hinweise, wo der Mann sich aufhält“, sagte ein Sprecher der Polizei in Hannover am Donnerstag.

Der 30 Jahre alte Tschetschene hatte mit einem selbst gebastelten Seil aus Bettlaken und einem Wurfanker aus Gartengerät eine Mauer im Innenhof des gesicherten Maßregelvollzuges überwunden. Der Ausbruch am Freitag war erst am Samstagmorgen entdeckt worden. Die Behörden hatten darüber zunächst nicht berichtet. Der mehrfach wegen schwerer Straftaten, darunter erpresserischen Menschenraub, verurteilte Mann befand sich wegen seiner Drogenabhängigkeit im geschlossenen Maßregelvollzug.

Ein weiterer entflohener Verbrecher ist am Mittwoch knapp eine Woche nach seiner Flucht bei der Einheitsfeier in Hannover gefasst worden. Die Bundespolizei griff den 63-Jährigen Sicherungsverwahrten am Bahnhof Göttingen auf, teilte das Justizministerium am Mittwochabend mit.

Der Häftling aus Moringen ist der dritte Schwerverbrecher, der in Niedersachsen in diesem Jahr geflohen ist. Ende Mai war ein Sicherungsverwahrter aus dem Gefängnis in Lingen im Emsland während eines Freigangs geflohen. Der per internationalem Haftbefehl gesuchte Sexualstraftäter hatte sich schließlich freiwillig gestellt.

Wer aus dem Gefängnis flieht, bricht kein Gesetz

Wer aus einem geschlossenen Vollzug flieht, bricht zunächst einmal kein Gesetz. Für den Gesetzgeber ist der Drang nach Freiheit ein verständlicher, menschlicher Trieb. Deshalb hat er darauf verzichtet, eine Flucht („aktives Entweichen“) unter Strafe zu stellen. Nur für Straftaten wie Körperverletzung, Sachbeschädigung oder Geiselnahme, die während oder nach der Flucht begangen werden, gilt dies natürlich nicht.

Genau so ist es im Fall des geflüchteten 30 Jahre alten Tschetschenen. Rechtlich kann er für seinen Ausbruch aus dem Maßregelvollzug in Moringen nicht belangt werden. Wird er wieder festgenommen, muss er aber trotzdem mit Konsequenzen rechnen.

Durch sein „aktives Entweichen“ hat er gegen Therapieauflagen verstoßen und sogenannten „Lockerungsmissbrauch“ begangen, sagte Dirk Hesse, Ärztlicher Direktor im Moringer Maßregelvollzug. „Nach einer mehrtägigen Abwesenheit werden grundsätzlich alle Lockerungen gestrichen. Die Patienten werden außerdem bis auf weiteres im Hochsicherheitstrakt untergebracht.“