Die politischen Krisen mit Krieg und Terror lassen die Zahl der Flüchtlinge in Deutschland nach oben schnellen. Dies sorgt auch in vielen niedersächsischen Kommunen für Probleme.

Hannover. Wie in anderen Bundesländern klagen auch in Niedersachsen zunehmend Kommunen über Kapazitätsprobleme bei der Unterbringung von Flüchtlingen. Laut Innenministerium sieht der Verteilungsplan des Bundes im laufenden Jahr für Niedersachsen 15.000 Flüchtlinge vor, die Zahl dürfte aber deutlich übertroffen werden. Die meisten Flüchtlinge stammen aus dem Bürgerkriegsland Syrien, vom Balkan und aus dem Irak.

Besonders markant zeigt sich das Problem an den drei Standorten Braunschweig, Bramsche (Landkreis Osnabrück) und Friedland (Landkreis Göttingen) der Landesaufnahmebehörde (LAB) Niedersachsen, von wo aus die Flüchtlinge anschließend auf die Kommunen verteilt werden. Die Zahl liege aktuell bei mehr als 2770 Flüchtlingen, täglich kämen neue hinzu, sagte der stellvertretende LAB-Leiter Conrad Bramm. Auch nachts stünden immer wieder Asylsuchende vor den Toren. Es gibt massive Probleme bei der Unterbringung – jeder Standort bietet eigentlich nur je 500 Plätze. Die LAB muss sich mit Wohncontainern und Zelten behelfen.

Braunschweig stellt Sporthalle zur Verfügung

In Braunschweig stellt die Stadtverwaltung bis zum Ende der Ferien eine Sporthalle für rund 120 Flüchtlinge zur Verfügung. Wie es danach weitergeht, ist unklar. Es werde nach Lösungen gesucht, sagte Standortleiter Klaus Siems. Auch in Friedland (Landkreis Göttingen) mussten Flüchtlinge laut LAB auf eine Turnhalle ausweichen.

„Natürlich stellen die deutlich gestiegenen Flüchtlingszahlen das Land sowie die Städte und Gemeinden vor spürbare Herausforderungen“, sagte Innenminister Boris Pistorius (SPD). Jedoch zeige ein Vergleich mit Zahlen aus den 1990er Jahren, als bundesweit pro Jahr rund eine halbe Million Menschen nach Deutschland gekommen seien, dass diese Zugänge bewältigt werden könnten.

In Hannover seien dagegen dank langfristiger Vorbereitungen noch ausreichend Kapazitäten vorhanden, sagte ein Sprecher. Aktuell seien in städtischen Einrichtungen rund 1330 Flüchtlinge untergebracht. Da jedoch davon auszugehen sei, dass die Zahl weiter zunehme, lotet die Stadt alle Möglichkeiten aus, Wohnungen, Gebäude oder andere Liegenschaften zu akquirieren, um auch weiterhin die adäquate Unterbringung aller Flüchtlinge gewährleisten zu können.

Die Stadt Lüneburg will zur Unterbringung einen Block einer ehemaligen Kaserne anmieten. In einem anderen Block der früheren Kaserne wohnten bereits 90 Flüchtlinge. Der Landkreis Lüchow-Dannenberg bat unlängst seine Einwohner um Hilfe bei der Suche nach Wohnraum für Flüchtlinge.

Auch im Landkreis Harburg sind die Kapazitäten erschöpft

Auch im Landkreis Harburg übersteigen die Zuweisungen die Kapazitäten. Bislang habe die Zahl pro Woche bei rund 15 bis 20 Flüchtlingen gelegen, derzeit steige sie auf bis zu 40 pro Woche. „Nach aktueller Entwicklung wären unsere Kapazitäten voraussichtlich Ende Oktober erschöpft“, sagte ein Sprecher. Da keine freien Wohnungen zur Verfügung stünden, plane der Landkreis den Bau größerer Anlagen. Jedoch gebe es auch kaum geeignete Flächen für Container.

„Die Unterbringung in Notunterkünften dürfe aber keinesfalls als Diskriminierung verstanden werden“, betonte Thorsten Bullerdiek vom Städte- und Gemeindebund. Um die kurzfristige Hilfe zu gewährleisten, gingen die Kommunen immer in finanzielle Vorleistung. „Wir brauchen aber die Verlässlichkeit, dass Bund und Land uns mit den Kosten nicht alleine lassen.“ Das Land zahlt den Kommunen zur Zeit eine Pauschale von 5932 Euro pro Jahr und Flüchtling.

Nach Ansicht des niedersächsischen Flüchtlingsrats gibt es landesweit einen Flickenteppich an Unterbringungsformen. „Eine Kommune wie Hildesheim ist sehr kreativ, dort sucht die Stadt Wohnungen“, sagte Geschäftsführer Kai Weber. In anderen würden dagegen am Stadtrand lieblos Container aufgestellt, wobei eine kurze Unterbringung durchaus zumutbar sei. „Der Umgang spiegelt aber immer auch eine Haltung zu den Menschen wieder“, betonte er.

Die Probleme bei der Unterbringung sind kein niedersächsisches Problem. Auch in anderen Bundesländern behelfen sich Kommunen mit provisorischen Zeltstädten oder Containerlagern. So plant etwa Sachsen die Errichtung von Wohncontainern. In Duisburg wurde auf einem Sportplatz eine Zeltstadt für Asylbewerber errichtet. Im osthessischen Kirchheim zogen sie in ein Motel an der Autobahn.