Die Deutsche Lebens-Rettungs-Gesellschaft bildet seit 100 Jahren zum Schwimmen und Retten aus und wacht über Strände. Bäderschließungen und die steigende Zahl an Badetoten dämpfen die Feierlaune.

Bad Nenndorf. Wenn etwa 200 Boote der Deutschen Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DLRG) an diesem Sonnabend in Berlin auf der Spree fahren, ist das ein Zeichen des Jubiläums und zugleich des Protests. Zur Feier ihres 100. Geburtstags legen die Retter den Finger in die Wunde. 250 Menschen ertranken allein in den heißen Ferienmonaten von Juni bis zum 19. August, deutlich mehr als im vergangenen Sommer. Mit dem Rettungsboot-Korso will die DLRG deshalb gegen die Schließung von Schwimmbädern protestieren.

„25 Prozent der Grundschulen haben keinen Zugang zu einem Schwimmbad mehr“, sagt DLRG-Präsident Klaus Wilkens. Der Grund seien zahlreiche Bäderschließungen durch finanziell angeschlagene Kommunen. Die Folge laut Wilkens: Nachdem die Zahl der ertrunkenen Kinder in den vergangenen zwölf Jahren kontinuierlich sank, sind in diesem Jahr bereits 32 Jungen und Mädchen unter 15 Jahren umgekommen. 2012 wurden 18 junge Opfer gezählt. Dort, wo es kein Schulschwimmen mehr gibt, sind Kinder oft auf Privatkurse angewiesen. Nach Studien aus Hamburg und Berlin können in Brennpunktvierteln weit weniger Kinder schwimmen als in anderen Stadtteilen.

Die größte Gruppe der Badetoten bilden allerdings weiterhin Männer im Alter über 50 Jahren. „Sie überschätzen oft ihre Fähigkeiten oder hatten vorher schon gesundheitliche Probleme“, erläutert Wilkens. Kurse für Ältere seien daher wichtig.

Hauptaufgabe bleibe für die DLRG aber auch künftig, Menschen das Schwimmen beizubringen – mit Programmen in Kindergärten und am Strand etwa werden die Jüngsten angesprochen, wie Wilkens sagt. Auch die wachsende Gruppe der Migranten habe die DLRG im Blick. Für muslimische Frauen gibt es Kurse mit weiblichen Ausbildern.

Dass Menschen schwimmen können, war vor 100 Jahren noch eher die Ausnahme. Nach DLRG-Angaben traf dies zu Beginn des 20. Jahrhunderts nur auf zwei bis drei Prozent der Bevölkerung zu. Auslöser für die Gründung der DLRG am 19. Oktober 1913 in Leipzig sei ein dramatisches Unglück ein Jahr zuvor auf der Ostseeinsel Rügen gewesen. Bis zu 1000 Ausflügler und Badegäste standen am 28. Juli 1912 auf der mehr als 500 Meter langen Seebrücke von Binz, als der Brückenkopf unter der Last zusammenbrach und Dutzende in die Tiefe stürzten. Das sichere Ufer im Blick ertranken 14 Menschen, zwei starben später an ihren Verletzungen. Im Jahr des Unglücks ertranken insgesamt rund 5000 Deutsche.

Daher müsse Retten lernen die Hauptaufgabe der neuen Gesellschaft werden, hieß es im Gründungsaufruf der DLRG. Zugleich warben Schwimmvereine für ihren Sport, der im Schatten von Fußball und Turnen stand. Heute können mehr als 80 Prozent der Bevölkerung schwimmen, allerdings rund 10 Prozent weniger als noch Ende der 1980er Jahre.