Der Ausbau der U3-Betreuung ist in Niedersachsen ein gewaltiger Kraftakt: In den letzten zwei Jahren ist die Quote von 19 auf 31 Prozent gestiegen. Doch das Angebot reicht noch immer nicht aus.

Hannover/Bremen. In Niedersachsen fehlen kurz vor dem 1. August noch rund 3000 Betreuungsplätze für unter Dreijährige. Nach einer Vereinbarung zwischen Land und Kommunen müssen zu diesem Stichtag 62.000 Plätze zur Verfügung stehen. Derzeit sind es nach Angaben des Kultusministeriums in Hannover aber nur knapp 59.000 Plätze, die angeboten oder in Kürze geschaffen werden. Die Versorgungsquote liegt aktuell im Durchschnitt bei etwa 31 Prozent.

Trotz fehlender Plätze gibt sich die Landesregierung optimistisch. „Ich denke wir sind auf einem guten Weg“, sagte der Sprecher von Kultusministerin Frauke Heiligenstadt (SPD), Sebastian Schumacher. „Man muss sehen, wie der Bedarf tatsächlich ist. Ob der Rechtsanspruch in allen Ballungsgebieten erfüllt werden kann, müssen wir abwarten.“

Vom 1. August an haben Eltern bundesweit einen Rechtsanspruch auf einen staatlich geförderten Betreuungsplatz für ihre ein- bis dreijährigen Kinder. „Ich rechne nicht mit einer Klagewelle. Wir sind ganz gut aufgestellt“, sagte auch der Präsident des niedersächsischen Städte- und Gemeindebundes, Marco Trips, der rund 400 kreisangehörige Städte, Gemeinden und Samtgemeinden vertritt.

Im Februar hatten sowohl der Städtetag als auch der Städte- und Gemeindebund ihre Mitglieder zum Krippenausbau befragt. Demnach rechneten in den kleineren Gemeinden knapp 20 Prozent und in den größeren Städten fast 30 Prozent mit Anfangsproblemen.

In Hannover liegt die Betreuungsquote bei den Ein- bis Dreijährigen bei 55,2 Prozent. „Bisher konnten wir alle Wünsche erfüllen. Ob und wie viele Plätze fehlen, ist im Moment nicht absehbar“, sagte Stadtsprecherin Konstanze Kalmus. Braunschweig glaubt mit einer Quote von 50,8 Prozent die Nachfrage der Eltern bedienen zu können. Dasselbe gilt für Wolfsburg, wo jeder zweite deraber nur Ein- bis Dreijährigen in einer Krippe oder bei einer Tagesmutter betreut wird.

Dagegen könnten in Göttingen nach Angaben der Stadt trotz der hervorragenden Versorgungsquote von 66,2 Prozent zum 1. August rechnerisch rund 200 Plätze fehlen. Die Stadt Osnabrück geht davon aus, dass zur Einlösung des Rechtsanspruchs für 60 Prozent der Ein- und Zweijährigen Krippenplätze angeboten werden müssen, derzeit liegt die Quote bei 46,8 Prozent. Nach einem vom Rat beschlossenen Ausbauprogramm fehlen noch 358 Plätze. In Oldenburg liegt die Quote bei 37 Prozent. Für 9 der 1513 angemeldeten Kinder gebe es derzeit noch keinen Platz, sagte Stadtsprecher Andreas van Hooven.

Im kleinsten Bundesland Bremen stehen für mehr als 42 Prozent der kleinen Kinder Betreuungsplätze zur Verfügung. Derzeit geht das Sozialressort davon aus, dass in der Stadt Bremen rund 6130 Plätze für die rund 13 500 Kinder unter drei Jahren angeboten werden können. In Bremerhaven gebe es 845 Plätze für 2800 Kinder. Falls das Angebot wider Erwarten nicht ausreichen sollte, könnten weitere Plätze in der Tagespflege entstehen, sagte der Sprecher des Sozialressorts, Bernd Schneider.

Zur vergleichsweise guten Betreuungssituation in Bremen tragen auch rund 130 Elternvereine bei. In den vergangenen Monaten haben mehr Eltern als zuvor einen Verein gegründet, um ihre Kinder in einer eigenen Einrichtung zu betreuen. „Das liegt allein an dem Rechtsanspruch“, sagte Kristin Tanneberg vom Verbund Bremer Kindergruppen. Die Stadt habe deutlich mehr Neugründungen und Erweiterungen bewilligt als in den Jahren zuvor, erklärte sie. „Sie möchte Sorge dafür tragen, dass ausreichend Plätze vorhanden sind.“

Von August an haben Eltern bundesweit einen Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz für unter Dreijährige. Elternvereine organisieren und verwalten die Betreuung ihrer Kinder. Die Einrichtungen sind gesetzlich anerkannt und werden mit öffentlichen Geldern gefördert.

Die Finanzierung ist Tanneberg zufolge meist nicht ausreichend. „Elternvereine sind grundsätzlich viel schlechter finanziert als Einrichtungen etwa von der Stadt oder Kirche“, kritisierte sie. Das Bremer Sozialressort verwies darauf, dass es bereits eine schrittweise Annäherung gab. Eine finanzielle Gleichstellung sei derzeit politisch nicht gewollt. Es könne aber sein, dass es vor dem Hintergrund des Rechtsanspruchs neue Überlegungen geben werde, sagte der Sprecher des Sozialressorts, Bernd Schneider.

Die unterschiedliche Förderung erklärte Schneider mit der Historie. „Elternvereine sind aus dem Ehrenamt gewachsen.“ Auch heute werde die gesamte Vereinsarbeit ehrenamtlich geleistet. „Die Eltern haben einen Zeitaufwand, aber keinen finanziellen.“ Zudem hätten Elterngeführte Betreuungseinrichtungen einige Freiheiten, die staatliche Einrichtungen nicht hätten.