Tausende Betriebe in Niedersachsen sind mit hochgiftigem Futter aus Serbien beliefert worden. Auch Höfe in Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern sind betroffen. Giftstoffe in Rohmilchprodukten.

Hannover/Schwerin/Kiel. Der Skandal um mit krebserregenden Giftstoffen belastetes Futtermittel weitet sich aus: Nachdem am Vormittag bekannt geworden war, dass mehr als 3500 Betriebe in Niedersachsen mit dem Futter beliefert wurden, steht nun fest: Auch Höfe in Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern sind betroffen. Mindestens 20 Betriebe haben in beiden Ländern Futtermittel mit hochgiftigem Mais aus Serbien erhalten.

Insgesamt seien etwa 560 Tonnen an Schweine-, Huhn- und Putenmäster sowie Legehennenbetriebe nach Mecklenburg-Vorpommern ausgeliefert worden. „Die Futtermittelüberwachung MV hat unverzüglich mit allen Empfängern Kontakt aufgenommen, um gegebenenfalls noch vorhandene Futtermittel zu sperren und so von einer weiteren Verfütterung auszunehmen“, betonte Agrar- und Verbraucherminister Till Backhaus (SPD) am Freitag. Nach einer vorläufigen Risikoeinschätzung sei eine Überschreitung des im nationalen Recht festgelegten Schadstoff-Grenzwertes in Lebensmitteln und damit eine Gefährdung für Verbraucher nicht zu befürchten, teilte das Ministerium weiter mit. Das treffe auch auf Eier von Hühnern zu, die das belastete Futter erhalten haben.

In Schleswig-Holstein handele es sich um Schweine- und Geflügelhöfe, aber nicht um Milchviehbetriebe, sagte eine Sprecherin des Landwirtschaftsministeriums am Freitag in Kiel. Eine Lieferung sei an einen Mischfutterhersteller im Norden gegangen. Er soll dieses Ergänzungsfuttermittel in Ferkelfutter eingemischt und ausgeliefert haben. Vorhandene Restmengen seien bei dem Mischfutterhersteller gesperrt worden. Die Zahl der Lieferungen an Landwirte werde noch ermittelt.

Woher kommt das Gift?

Der Fund von giftigem Futtermais aus Serbien gibt den Behörden noch Rätsel auf. Herkunft und genaue Transportwege seien ebenso unklar wie die Frage, wo der Mais zu schimmeln begann und damit krebserregend wurde. „Ich vermute einmal, dass das Donaugebiet besonders geeignet ist für den Maisanbau und dass es daher auch von dort kommt“, sagte Landwirtschafts-Staatssekretär Udo Paschedag am Freitag in Hannover. Womöglich stamme der Mais aber auch nicht aus Serbien. Der Vorfall könne ein Indiz für die Gefahr des Preisdrucks in der Landwirtschaft sein. Oft gelte das Motto: „Je billiger, desto besser“, sagte der Beamte. Der neue Landwirtschaftsminister Christian Meyer (Grüne) habe erst an diesem Donnerstag erfahren, dass der importierte Mais von Schimmelpilzen befallen ist.

Gift im Futtermittel belastet auch Rohmilch

Der Mais ist mit dem Schimmelpilzgift Aflatoxin B1 kontaminiert. Er wurde von Futtermittelherstellern zu Futter für Schweine, Rinder und Geflügel verarbeitet. Schon geringe Höchstmengenüberschreitungen im Futtermittel könnten zum Beispiel zu einer kritischen Belastung von Rohmilch führen. Eine Gefährdung für Verbraucher sieht das Ministerium nach ersten Einschätzungen dennoch nicht. Wenn Molkereien die Milch von verschiedenen Höfen abholen, wird sie den Angaben zufolge vermischt. Von diesem Freitag an solle es mehr Kontrollen geben.

Lieferungen auch in andere Bundesländer

Insgesamt seien 45.000 Tonnen über den niedersächsischen Hafen Brake importiert worden. 10 000 Tonnen seien in Brake, 25 000 Tonnen in einer Lagerhalle in Bremen gesperrt worden. Neben Niedersachsen sind dem Ministerium zufolge auch noch geringe Mengen nach Nordrhein-Westfalen, Sachsen-Anhalt, Brandenburg, Schleswig-Holstein, Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen geliefert worden.

Experte: Gift am ehesten in Milchprodukten

Schimmelpilzgift in Futtermitteln lagert sich nach Angaben von Verbraucherschützern am ehesten in Kuhmilch ab. Die Toxine lagerten sich erwiesenermaßen nicht in besorgniserregenden Mengen im Fleisch von Tieren und in Eiern ab, sagte Michael Kühne, Experte beim Niedersächsischen Landesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (Laves), am Freitag in Hannover. Kühe bauten die Stoffe über die Milch ab. Daher konzentrierten die Behörden ihre Kontrollen nun besonders auf Milchviehhalter und Molkereien. Zudem werden die Futtermittelwege rekonstruiert.