Wissenschaftler stellen Geburtenschwund fest. Seit 1995 geht die Zahl der Mädchengeburten zurück. Auf 100 Mädchen kommen 109 Jungen.

Berlin/Gorleben. In der Region rund um das Atommüll-Zwischenlager im niedersächsischen Gorleben haben Wissenschaftler statistische Belege für einen Geburtenschwund bei Mädchen gefunden. So seien seit der Einlagerung der ersten Castor-Behälter mit hochradioaktiven Abfällen im Jahr 1995 fast 1000 Mädchen weniger zur Welt gekommen als in vergleichbaren Zeiträumen vorher, sagte Hagen Scherb, Mathematiker am Helmholtz-Zentrum München, am Freitag in Berlin.

Eine solche „Geschlechterlücke“ lasse sich auch an anderen Atomstandorten nachweisen – allerdings nicht so deutlich wie 40 Kilometer rund um Gorleben. Der Berliner Charité-Humangenetiker Karl Sperling vermutet, dass radioaktive Strahlung – auch unterhalb der Grenzwerte – das väterliche X-Chromosom schädigen kann. Weibliche Embryonen, die durch dieses Chromosom entstehen, könnten deshalb vermehrt absterben.

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Die Deutsche Umwelthilfe fordert von der Bundesregierung eine umfassende wissenschaftliche Aufklärung dieser statistischen Auffälligkeiten.

Auch das niedersächsische Landesgesundheitsamt kam im September 2011 zu dem Ergebnis, dass sich seit der ersten Einlagerung von Castoren in Gorleben im Umland das Geschlechterverhältnis verändert hat. Vor der Einlagerung wurden auf 100 Mädchen rund 101 Jungen geboren – danach auf 100 Mädchen 109 Jungen. Der statistische Mittelwert liegt bundesweit bei 100 Mädchen auf 105 Jungen. Der Bericht betonte jedoch, damit sei noch kein Beweis auf eine erfolgte Strahlenbelastung im Niedrig-Dosisbereich durch das Lager Gorleben gegeben.