Nachdem die leibliche Mutter die kleine Nayla ignoriert hatte, wurde sie von Schimpansin Vanessa adoptiert. Nayla ist jetzt drei Wochen alt.

Osnabrück. Bei der Schilderung des Dramas um das neugeborene Schimpansenbaby „Nayla“ hört man Revierleiter Wolfgang Festl die Anspannung noch an. Nach der Geburt wollte die Mutter des Menschenaffenbabys „Vakanga“ das Kind nicht annehmen, erzählt der Tierpfleger am Freitag. Erst nach drei Tagen konnten Festl, Zooinspektor Hans-Jürgen Schröder und der Rest des Zooteams aufatmen: Schimpansenweibchen „Vanessa“ trug das Baby am Bauch. Da sei allen ein Stein vom Herzen gefallen, sagt Festl.

Nayla kam bereits am 15. Januar zur Welt. Erst habe alles ganz normal ausgesehen, berichten Schröder und Festl. Die 17 Jahre alte Schimpansenfrau „Vakanga“ hatte ihr Junges bei sich. Es ist das dritte Jungtier der Mutter. Doch schon am Vormittag sei das Kind nicht mehr bei der Mutter gewesen. Auch die anderen Weibchen der Herde hätten gleichgültig auf das Kleine reagiert. „Das war gar nicht normal“, sagt Festl. Normalerweise nämlich seien die Tiere nach einer Geburt aufgeregt und interessiert. Eine mögliche Erklärung sei, dass die anderen Weibchen sich nicht an das Neugeborene herangetraut haben, weil die 17 Jahre alte Schimpansin die Dominanteste in der Gruppe ist.

Nur der acht Jahre alte Jungaffe „Kume“ habe keine Scheu gehabt und sich um das Kind gekümmert. „Er hat es getragen, geputzt und ihm zur Beruhigung den Finger in den Mund gesteckt“, sagt Festl. Baby „Nayla“ habe sich eng an ihren Ersatzpapa gekuschelt. Aber natürlich muss die kleine Schimpansin irgendwann einmal Nahrung zu sich nehmen. Und genau bei diesem Problem konnte „Kume“ eben nicht helfen - Muttermilch hat er als Mann nun einmal nicht.

Festl und Schröder versuchten alles, damit „Nayla“ ein wenig Muttermilch aus der Flasche bekommen konnte. Erst hatten sie versucht, ihr selbst die Flasche zu geben und lockten „Kume“ an den Rand des Geheges. „Nayla“ habe aber den Kopf nicht umgedreht.

Der nächste Versuch lief darauf hinaus, dem Schimpansen zu zeigen, wie er „Nayla“ füttern könnte. So fütterten sich die Tierpfleger vor den Augen des intelligenten Menschenaffen mit der Babyflasche selber. „Wenn wir mehr Zeit gehabt hätten, hätte er das sicher gelernt“, sagt Festl. Aber die Zeit lief den Verantwortlichen im Zoo davon. „Eine gewisse Zeit können neugeborene Schimpansen ohne Muttermilch auskommen“, sagt Festl. Klar war aber auch: Je länger die Nahrungsaufnahme ausbleibt, desto geschwächter und anfälliger ist das Kind.

Nach fast drei Tagen schließlich gelang es den Pflegern, das Baby zu füttern. „Sie hat gut 40 Milliliter zu sich genommen“, sagt Festl. Wenig später gab es dann plötzlich eine Ersatzmutter. Schimpansin „Vanessa“ nahm sich des Babys an. „Vanessas“ zweijährige Tochter „Lila“ sei zwar für kurze Zeit eifersüchtig gewesen, habe sich dann aber an ihr neues Adoptivgeschwisterchen gewöhnt.

„Man versucht heute, Handaufzuchten bei Primaten zu vermeiden“, betont Zoodirektorin Susanne Klomburg. Menschenaffen, die von Menschen und nicht ihresgleichen aufgezogen werden, hätten es sehr schwer, in die Gruppe integriert zu werden. „Das Tier weiß dann nicht, was es heißt, ein Affe zu sein“, sagte die Tierärztin

(dpa/abendblatt.de)