Berlin/Langenargen. Der Kormoran und sein Appetit auf Fische beschäftigt die Politik derzeit intensiv. Ob am Bodensee oder anderswo: Fischer klagen über den Jagdvogel, der zu den geschützten Arten zählt.
Vergrämen, bejagen, die Dinge laufen lassen? Der als Fischjäger bekannte Kormoran hat am Mittwoch die Politik im Bundestag beschäftigt. Auf Antrag der CDU/CSU-Fraktion gab es eine öffentliche Anhörung im Umweltausschuss dazu. Experten diskutierten, mit welchen Mitteln und rechtlichen Grundlagen sich eine Kontrolle des Bestandes erreichen lasse. Gut ein halbes Kilo Fisch können die dunklen Zugvögel laut Experten am Tag verspeisen. Der Kormoran ist eine EU-weit geschützte Art.
Zurzeit gibt es keine bundesweite Regelung zum Umgang mit den Tieren, es gelten lediglich Länderverordnungen. Das will der Antrag mit einem sogenannten Kormoran-Management ändern. Fraktionschef Friedrich Merz und CSU-Kollege Alexander Dobrindt stehen unter dem Antrag - die Initiative stammt aber vom Bodensee.
Laut dem CDU-Bundestagsabgeordneten Klaus Mack (Wahlkreis Calw/Freudenstadt) hat sich der Kormoran in Deutschland von einer ehemals bedrohten Vogelart zu einem fast schon überbehüteten Vogel entwickelt. „Nach aktuellen Schätzungen leben circa 120.000 Tiere an unseren Flüssen, Seen, Teichen und Küsten. Bei einer täglichen Futtermenge von 500 Gramm Fisch kommen wir auf über 9000 Tonnen Fisch, welche die Kormorane pro Jahr verspeisen“, sagte der CDU/CSU-Berichterstatter für den Artenschutz.
Mack sagte, der Vogel trage zu einem Verlust von Artenvielfalt, der Abnahme der Fischmenge und zu Schäden an den Ökosystemen der Gewässer bei. „Wir müssen jetzt die rechtlichen Voraussetzungen auf der EU-Ebene und in Deutschland schaffen, um den Kormoranbestand zu begrenzen. Mit einem einheitlichen, bundesweit abgestimmten Kormoranmanagement und einer Vielzahl an Instrumenten und Maßnahmen ist das möglich. Wird der Kormoranbestand auf eine vertretbare Größe begrenzt, können sich die Fischbestände erholen und stabilisieren.“
Der Chef der Fischereiforschungsstelle, Alexander Brinker, machte in der Anhörung darauf aufmerksam, dass sich der Kormoran in Baden-Württemberg nachgewiesenermaßen negativ auf den Fischbestand auswirke. Er nannte als Beispiel den Fluss Jagst, der zu den drei größten Nebenflüssen des Neckars zählt. „Da gab es den starken Verdacht, dass der Kormoranfraß ursächlich ist für einen schlechten Zustand des Gewässers. Die Kormorane wurden vergrämt. Die Fischarten, insbesondere die, die vom Kormoran direkt gefressen werden, haben sich sehr, sehr schnell, sehr, sehr erfreulich erholt.“ Nach wenigen Jahren sei eine entsprechende Allgemeinverfügung ausgelaufen. „Innerhalb von Jahresfrist war der Zustand wie zuvor erreicht und sogar noch unterschritten“, sagte Brinker.
Christof Herrmann von der Beringungszentrale Hiddensee in Güstrow sagte, man könne den Bestand gar nicht managen. „Der Kormoran ist ein Zugvogel. Wir bekommen Kormorane aus allen Gebieten Europas. Im Winter sind unsere Kormorane in ihren Gebieten gar nicht mehr da. Die ziehen ab nach Westen, nach Südwesten, nach Frankreich, nach Spanien. Wenn Sie hier am deutschen Grundbestand irgendwas manipulieren könnten, hätte das für den Winter überhaupt keine Effekte.“
Reinhart Sosat vom deutschen Angelfischereiverband forderte, den Kormoran in den Anhang zwei der Vogelschutzrichtlinie aufzunehmen, um ein Bestandsmanagement überhaupt zu ermöglichen. Dieser Anhang führt Arten auf, deren Bejagung im Rahmen der jeweils geltenden Gesetze der Staaten erlaubt ist. Kormoranverordnungen greifen laut Sosat nicht in den Bestand ein. „Wir brauchen ein Kormoranmanagement sowohl auf nationaler als auch auf internationaler Ebene. In Baden-Württemberg sind nur noch 31 Prozent der Fischarten nicht gefährdet. Die Bestandsaussichten sind auf einem katastrophalen Niveau.“
Die Ursache für den Rückgang einiger Fischarten liegt aus Sicht des Naturschutzbundes Nabu weniger am Kormoran, sondern als Beispiel an der Erwärmung der Gewässer und der Einwanderung gebietsfremder Fisch- und Muschelarten. „Kormorane brüten am Bodensee fast ausschließlich innerhalb wertvoller und sensibler Schutzgebiete. Daher besteht bei jeglichen Maßnahmen innerhalb dieser Gebiete eine erhebliche Gefahr, dass andere schutzbedürftige Arten massiv durch solche Eingriffe mit geschädigt werden“, sagte Eberhard Klein, Leiter des Nabu-Bodenseezentrums. Der Kormoran sei noch vor 40 Jahren in ganz Europa vom Aussterben bedroht gewesen. Seitdem die Art unter gesetzlichen Schutz gestellt wurde, hätten sich die Bestände in den vergangenen 30 Jahren wieder erholt, sagte Klein.