Schwerin (dpa/mv). In internationalen Vergleichstests fallen deutsche Schüler im Lesen und Rechnen immer weiter zurück. Die Ende 2023 veröffentlichten Ergebnisse waren ernüchternd. Nun gibt es in MV Reaktionen.

Mecklenburg-Vorpommern reagiert auf die mäßigen Ergebnisse deutscher Schüler im internationalen Leistungsvergleich Pisa und stockt die Stundenzahl in Kernfächern auf. Wie Bildungsministerin Simone Oldenburg (Linke) am Donnerstag in Schwerin mitteilte, steht vom kommenden Schuljahr 2024/2025 an in der Grundschule für die Jahrgangsstufen 3 und 4 jeweils eine Stunde Deutsch und Mathematik pro Woche zusätzlich auf dem Stundenplan. Die Zahl der Wochenstunden insgesamt erhöht sich so von derzeit 25 auf 27. Auch in den höheren Klassenstufen soll es für die Grundfächer Deutsch, Mathematik und Englisch durch verbindliche Vorgaben und Umschichtungen mehr Stunden geben - für die Klassen 7 bis 10 zusammen insgesamt elf Stunden pro Woche, ohne Erhöhung der jeweiligen Gesamtstundenzahl.

„Die Schülerinnen und Schüler brauchen mehr Zeit zum Lernen, Üben und Festigen“, begründete Oldenburg die Abkehr von der 2009 in MV eingeführten Kotingentstundentafel, die den Schulen viel Spielraum bei der Schwerpunktsetzung gab. Dies sei vielfach zulasten der Hauptfächer gegangen. Laut Oldenburg offenbarten die Lernstudien, dass ein Viertel der Schüler die Mindeststandards in diesen Fächern nicht erreichen. „Da bedarf es einer grundlegenden Reform in unserer Stundentafelverordnung und einer Stärkung der Kernkompetenzen“, sagte die Ministerin.

Der Entwurf der neuen Verordnung gehe im April in die Verbandsanhörung und solle zum Schuljahr 2025/2026 wirksam werden. Vorgezogen werde der zusätzliche Deutsch- und Matheunterricht in den Klassen 3 und 4, der schon im nächsten Schuljahr starte. Sprach- und Lesekompetenz solle zudem durch die Einführung eines sogenannten Lesebandes gefördert werden, das heißt, in den Klassen 1 bis 4 wird es an jedem Schultag fachübergreifend eine verbindliche Lesezeit von 20 Minuten geben. Das Fach Chemie soll künftig wieder in Klasse 7 beginnen und nicht erst in Klasse 8.

Allein für die Ausweitung des Deutsch- und Mathematikunterrichts im Grundschulbereich rechnet Oldenburg mit einem Bedarf von 70 bis 80 zusätzlichen Lehrerstellen. „Wenn ich nur nach dem Status quo arbeiten würde, könnten wir keine Veränderungen machen, dann bliebe es auch beim Status quo der Kinder“, sagte die Ministerin. Fortschritte bei der Einstellung von Pädagogen und Seiteneinsteigern stimmten sie zuversichtlich. Dennoch sei der Bedarf weiterhin hoch.

In der Ende 2023 veröffentlichten Pisa-Studie hatten deutsche Schüler im Alter von 15 und 16 Jahren die schwächsten Leistungswerte erreicht, die für Deutschland jemals im Rahmen der Vergleichsstudien gemessen wurden. Der Abwärtstrend hält seit 2012 an. Um dem entgegenzuwirken, seien Änderungen über alle Klassenstufen hinweg nötig. „Wir können nicht in Klasse eins anfangen und darauf warten, bis sich das durchwächst“, sagte Oldenburg.

Die CDU-Landtagsfraktion fordert in einem für die Landtagssitzung in der kommenden Woche vorgelegten Antrag weitergehende Änderungen. So soll es künftig auch schon für Schüler der Klassen 1 und 2 mehr Deutschunterricht geben. In den Jahrgangsstufen 3 bis 4 soll der frühe Fremdsprachenunterricht zugunsten von mehr Deutschstunden reduziert werden.