Wismar/Eberswalde. Im Sommer 2020 rammt ein angetrunkener Fahrer mit rund 240 Sachen ein anderes Auto auf der Autobahn 20. Zwei Menschen sterben, einer wird schwer verletzt. Nun begann der Prozess - der Unfallverursacher schweigt.
Drei Jahre nach einem schweren Raser-Unfall mit zwei Toten auf der Autobahn 20 hat am Amtsgericht Wismar der Prozess gegen den Unfallverursacher begonnen. Zum Auftakt der Verhandlung am Mittwoch wollte der 31-jährige Mann aus Eberswalde (Landkreis Barnim) keine Angaben zu dem Unfall vom 2. August 2020 südlich von Wismar machen. Der Bundeswehrangehörige hielt sich anfangs einen Aktenordner vor das bärtige Gesicht und ließ danach auch keine Reue im Verhandlungssaal erkennen. Ihm werden fahrlässige Tötung in zwei Fällen und fahrlässige Körperverletzung vorgeworfen.
Laut Anklage war der Mann damals alkoholisiert mit seinem Auto aus Schleswig-Holstein Richtung Mecklenburg gefahren, obwohl ihm seine Kameraden davon abgeraten hatten. Dabei war er erst auf der Autobahn 1 bei Lübeck und dann auf der A20 unterwegs. Kurz nach Mitternacht raste er mit etwa 240 Stundenkilometer auf der rechten Spur der A20 und rammte bei Triwalk ungebremst einen kleineren Wagen, der laut Staatsanwältin Stefanie Korzen maximal 110 Stundenkilometer fuhr.
In dem gerammten Wagen, der völlig zerstört wurde, starben der 45-jährige Fahrer und eine 19-jährige Mitfahrerin, beide aus dem Kreis Vorpommern-Greifswald. Die Mutter der getöteten 19-Jährigen tritt als Nebenklägerin im Prozess auf und saß weinend im Gerichtssaal. Ein weiterer 19-jähriger Insasse dieses Wagens wurde schwer verletzt und ist ebenfalls Nebenkläger.
Der Unfallverursacher blieb damals unverletzt. Er soll während der Fahrt auch telefoniert haben. Bei ihm wurden damals 2,1 Promille Atemalkohol gemessen, so dass er den Führerschein abgeben musste.
Zu Prozessbeginn verlangte der Verteidiger des Angeklagten ein Rechtsgespräch, was Richter Malte Burger auch anordnete. Beide Seiten konnten sich in 30 Minuten aber nicht auf ein Strafmaß einigen, um den Prozess abzukürzen. Die Nebenklage verlangt eine Haftstrafe von mehr als zwei Jahren, die Verteidigung will eine Bewährungsstrafe erreichen, die nur bei Freiheitsstrafen bis maximal zwei Jahren möglich sind.
Laut Anklage wurde der Mann damals kurze Zeit vor dem Unfall in Schleswig-Holstein von Polizisten auf einem Parkplatz kontrolliert. Sein Wagen soll Zeugen mehrfach durch Fahren von Schlangenlinien aufgefallen sein. Einen Atemalkoholtest habe der 31-Jährige damals aber abgelehnt, hieß es. Den Polizisten soll er erklärt haben, dass er wegen eines Bundeswehreinsatzes 48 Stunden nicht geschlafen habe. Die Beamten sollen den Mann angewiesen haben, erst einmal auf dem Parkplatz zu ruhen. Das habe der Angeklagte aber nicht befolgt, sagte die Staatsanwältin. In den Zusammenhang wird auch noch gegen diese Polizisten ermittelt. Hätten die Beamten konsequenter durchgegriffen, wäre der schlimme Unfall nicht passiert, kritisierte Nebenklageanwalt Stefan Pavilian.
Der Prozess wird am 13. September mit mehreren Gutachtern und Zeugen fortgesetzt. So wird ein technischer Gutachter den Unfall beleuchten, ein Psychologe soll die Schuldfähigkeit des Angeklagten genauer unter die Lupe nehmen. Ein Urteil wird nach bisheriger Planung erst Ende Oktober erwartet.