Hamburg. Lachs, Thunfisch, Garnelen oder schlicht Fischstäbchen. Grundsätzlich mögen Deutschlands Bürgerinnen und Bürger Fisch und Meeresfrüchte sehr. Doch seit dem deutlichen Anstieg der Inflation ist etlichen der Appetit vergangen.
Die Lust der Bundesbürger auf Fisch und Meeresfrüchte nimmt angesichts stark gestiegener Preise deutlich ab. „Es überrascht nicht, dass die Einkaufsmenge von Fisch und Meeresfrüchten im ersten Halbjahr (...) 6,6 Prozent unter dem Niveau des Vorjahreszeitraums liegt“, sagte die Vorsitzende des Fisch-Informationszentrums, Petra Weigl, am Mittwoch in Hamburg. Das sei eine klare Reaktion auf die im gleichen Zeitraum um 11,6 Prozent gestiegenen Einkaufswerte. Insgesamt sei die Einkaufsmenge im ersten Halbjahr im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um knapp 15.000 auf knapp 212.000 Tonnen gesunken, gleichzeitig mussten die Bundesbürger dafür aber knapp 2,6 Milliarden Euro bezahlen - und damit gut 100 Millionen Euro mehr.
Viel Hoffnung auf sinkende Preise machte Weigl nicht. Die internationalen Logistikkosten stiegen zwar nicht mehr so stark, dafür kletterten die Personalkosten wegen des Fachkräftemangels. Hinzu komme, dass der meiste Fisch in Dollar gehandelt werde und die Euro-Schwäche 2022 allein 25 Prozent der Preissteigerungen ausgemacht habe. „Wir müssen davon ausgehen, dass wir zumindest das jetzige Preisniveau leider weiter sehen werden“, prophezeite Weigl.
Bereits im vergangenen Jahr haben deutlich gestiegene Preise den Privathaushalten die Lust auf Fisch und Meeresfrüchte etwas vermiest. Insgesamt haben sie 434.413 Tonnen Fisch und Meeresfrüchte gekauft und dafür 4,9 Milliarden Euro ausgegeben, wie Weigl sagte. Das sei bei der Menge ein Rückgang von 11,9 Prozent und bei der Geldsumme ein Minus von 9 Prozent.
Im zweiten Corona-Jahr 2021 hatten die Bundesbürger für Fisch noch so viel Geld ausgegeben wie noch nie. Insgesamt waren dem Zentrum zufolge im Einzelhandel für 493.325 Tonnen Fisch und Meeresfrüchte knapp 5,4 Milliarden Euro bezahlt worden. Im ersten Corona-Jahr 2020 waren den Angaben zufolge sogar noch knapp 12.000 Tonnen mehr verkauft worden, allerdings mit 5,3 Milliarden Euro zu einem niedrigeren Preis.
Als Lieblingsfisch der Deutschen hat im vergangenen Jahr erstmals seit 2019 der Alaska-Seelachs den Lachs abgelöst. Danach folgte den Angaben zufolge wie im Vorjahr der Thunfisch. Auf die Plätze vier und fünf kamen der Hering und die Garnelen. Beliebt waren auch Forellen, Tintenfische, Makrelen, Kabeljau und der Rotbarsch. Weigl appellierte an die Verbraucherinnen und Verbraucher, auch einmal andere Fischarten zu probieren, etwa Offiziers- oder Buntbarsche. Der Geschäftsführer des Fisch-Informationszentrums, Matthias Keller, nannte auch Nordsee-Calmare oder europäische Seehechte.
Wie schon im Vorjahr aßen die Bundesbürger den Fisch am liebsten aus der Dose sowie als Tiefkühlware. Danach folgten Krebs- und Weichtiere sowie der Frischfisch. Gekauft wurden diese den Angaben zufolge zu fast 90 Prozent in Discountern oder Supermärkten. Fischfachgeschäfte kamen nur bei rund 4,4 Prozent der Ware zum Zuge.
Der meiste Fisch wurde traditionell im Norden des Landes gegessen. So lösten die Bremerinnen und Bremer mit einem Pro-Kopf-Verbrauch von 6,6 Kilogramm die Schleswig-Holsteiner mit einem Verbrauch von 6,5 Kilogramm auf dem ersten Platz ab. Danach folgten mit jeweils 6,0 Kilogramm Hamburg und Mecklenburg-Vorpommern. Auf dem letzten Platz landete wie schon im Vorjahr mit 4,8 Kilogramm Fisch pro Kopf Baden-Württemberg. Der Bundesdurchschnitt lag bei 5,6 Kilo - 700 Gramm weniger als im Jahr zuvor.
Das Gesamtaufkommen an Fisch und Meeresfrüchten im vergangenen Jahr bezifferte Weigl in Deutschland auf gut zwei Millionen Tonnen. Nach Abzug etwa der Exporte seien 2022 in der Bundesrepublik gut eine Million Tonnen verbraucht worden, was Schätzungen zufolge 13,7 Kilogramm pro Kopf bedeute. Im Jahr zuvor lag der Wert bei 13,5 Kilogramm.
Fisch und Meeresfrüchte seien für die menschliche Ernährung die Quellen tierischen Proteins mit den geringsten Klimaauswirkungen, betonte die Vorsitzende des Fisch-Informationszentrums. Insofern sollten sie in der ernährungspolitischen Debatte präsenter sein - eine Forderung, der die Umweltorganisation WWF nichts abgewinnen kann. Deren Fischereiexpertin Karoline Schacht sagte, mehr als ein Drittel der Wildfisch-Bestände gälten als überfischt und auch der Fisch aus heimischer Produktion sei eine Seltenheit geworden. „Der WWF empfiehlt generell, Fisch als seltene Delikatesse zu genießen.“