Schwerin (dpa/mv). Auch wenn noch immer Menschen an Corona erkranken, so sind schwere Verläufe inzwischen äußerst selten und die Pandemie gilt als überwunden. Die Politik will nun ihre Lehren ziehen.

Wenige Tage vor dem Ende der letzten Corona-Schutzmaßnahmen hat Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD) den engen Zusammenhalt der Bevölkerung in den drei Pandemiejahren gewürdigt. „Mecklenburg-Vorpommern hat in dieser schwierigen Zeit zusammengestanden“, sagte die Regierungschefin am Dienstag nach der Kabinettssitzung in Schwerin, in der die Ministerrunde eine Bilanz zu den Corona-Maßnahmen zog.

Die große Mehrzahl der Menschen habe die zum Teil erheblichen Einschränkungen mitgetragen und so maßgeblich dazu beitragen, dass Mecklenburg-Vorpommern vergleichsweise gut durch die Pandemie gekommen sei. Wichtigstes Ziel der Corona-Maßnahmen sei es gewesen, die Gesundheit und das Leben der Menschen zu schützen, betonte Schwesig.

Nach Angaben des Robert Koch-Instituts wurden in Mecklenburg-Vorpommern bislang etwa 714.000 Corona-Infektionen registriert. Etwa 2800 Menschen starben im Zusammenhang mit einer solchen Erkrankungen. Die Sterberate liegt mit 174 Toten je 100.000 Einwohner im Nordosten deutlich unter dem Bundesdurchschnitt von 205. Thüringen und Sachsen verzeichneten Werte um 400 Tote je 100.000 Einwohner.

Zum 8. April laufen die bundesweiten Corona-Regelungen nach dem Bundesinfektionsschutzgesetz aus. Bereits zum 1. März war nach mehr als 1000 Tagen die Corona-Schutzverordnung Mecklenburg-Vorpommerns aufgehoben worden. Masken- und Testpflicht gelten bis auf wenige Ausnahmen nicht mehr.

Für sie seien die zurückliegenden drei Jahre eine Zeit schwerster Entscheidungen gewesen. „Und ich bin beeindruckt davon, wie viele Bürgerinnen und Bürger Solidarität, Hilfsbereitschaft und Vernunft gezeigt haben“, betonte Schwesig. Doch räumte sie ein, dass sich im Nachhinein eine Reihe von Maßnahmen aus der Anfangszeit als überzogen erwiesen hätten.

Als Beispiele nannte sie die Schließung von Spielplätzen sowie die rigorosen Besuchsverbote in Pflegeheimen. „Egal wie schlimm eine Pandemie ist, wir müssen immer ermöglichen, dass Menschen am Ende ihres Lebens nicht allein bleiben“, sagte Schwesig. Bewährt habe sich indes der regelmäßige und enge Austausch mit Medizinexperten und die Einbeziehung breiter gesellschaftlicher Bereiche bei der Festlegung und Lockerung der Schutzmaßnahmen. An den Corona-Beratungen der Regierung hatten neben den Medizinern stets auch Vertreter der Kommunen und Kreise, der Arbeitgeber- und Sozialverbände sowie der Gewerkschaften teilgenommen.

Schwesig äußerte Verständnis für die von Teilen der Wirtschaft geäußerte Kritik am Umfang der Maßnahmen. Doch seien Kontaktbeschränkungen etwa durch die Schließung von Gaststätten und Hotels ein unverzichtbares Mittel gewesen, die Ansteckungen in Zeiten ohne Impfschutz einzudämmen. „Wir haben die Wirtschaft breit unterstützt und als einziges Bundesland eine Neustartprämie nach Kurzarbeit gezahlt“, verwies Schwesig auf die Finanzhilfen von Bund und Land. Insgesamt seien 1,75 Milliarden Euro an Corona-Hilfen bewilligt worden.

„Die Schutzmaßnahmen haben maßgeblich dazu beigetragen, ältere und vorerkrankte Menschen vor schweren Krankheitsverläufen zu schützen“, konstatierte Gesundheitsministerin Stefanie Drese (SPD). „Wir wissen heute alle, was die AHA-Regeln bedeuten“. Die hohen Hygienestandards hätten sich bewährt und müssten in Kliniken und Pflegeeinrichtungen daher weiter professionalisiert werden. Eine wichtige Lehre aus der Pandemie sei zudem, den öffentlichen Gesundheitsdienst ausreichend mit Personal und Technik auszustatten. Die Schließung von Kitas und Schulen müsse nach den Erfahrungen in der Corona-Pandemie künftig vermieden werden und dürfe nur noch als letztes Mittel der Wahl und begrenzt Anwendung finden.

Mit dem spürbaren Rückgang akuter Krankheitsverläufe nach einer Corona-Infektion müsse nun das Augenmerk verstärkt auf Langzeitfolgen und Impfnebenwirkungen gerichtet werden. Drese sprach sich für mehr passende Therapie- und Hilfsangebote für Betroffene aus. Dem pflichtete auch die Medizinerin Jördis Frommhold bei, Leiterin des neu gegründeten Instituts Long Covid. Nach ihren Angaben leidet etwa jeder zehnte Corona-Patient unter Spätfolgen der Infektion.