Schwerin (dpa/mv). Während der Corona-Lockdowns waren Haustiere nachgefragt. Zumindest einige Tierheime bekommen es nun mit Hunden zu tun, die nicht mehr gewollt sind. Steigende Kosten könnten das Problem verstärken.
Im Zuge der Corona-Pandemie landen im Nordosten mehr Tiere in den Tierheimen. Gar von einer dramatischen Lage spricht Kerstin Lenz vom Landesverband des Tierschutzbundes. Sie erhalte täglich Anfragen vor allem von Hundehaltern, die ihre Tiere abgeben wollten, sagte Lenz, die auch zuständig für das Tierheim Demmin ist. Die Heime seien aber voll. Andernorts äußerte man sich auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur zwar weniger drastisch. Aber auch Regina Groß vom Tierheim in Schlage bei Rostock berichtete von mehr Anfragen. Viele Menschen hätten sich während der Pandemie Tiere zugelegt und wollten diese nun loswerden.
«Ich hab ganz, ganz viele Nachfragen. Aber ich kann natürlich auch nicht alle aufnehmen», sagte Groß. Ihr Tierheim sei trotz allem nicht komplett voll. Sie habe einen Vertrag mit der Stadt Rostock und dem umliegenden Landkreis, erhalte aber auch Anfragen aus Wismar oder Schwerin. «Die nehme ich natürlich nicht alle auf.» Es handele sich auffällig häufig um Hunde, die vor ein bis zwei Jahren angeschafft worden seien. Die Halter kämen trotz Hundeschule mit den inzwischen großen Tieren nicht klar. Sogenannte Ebay-Hunde seien schon mehrmals gewandert. «Wir sind dann meistens schon Station vier, fünf.»
Das Tierheim Schwerin verzeichnet nach eigenen Angaben keine stärkere Nachfrage als sonst. Es herrsche wie immer «ein rein und raus», sagte Ilka Dittberner. Das eigentliche Problem seien die schwer vermittelbaren Hunde mit «einer Geschichte». Viele holten sich die Tiere etwa aus Tierheimen in Osteuropa. Auch ihr täten diese Tiere zwar leid, aber die Menschen kämen mit ihnen häufig nicht klar. Die oftmals kranken, ängstlichen oder bissigen Hunde landeten dann im Tierheim und seien nicht mehr vermittelbar.
Wie Dittberner verwies auch Groß auf begrenztes Personal. Gerade auch wegen der schwierigen Tiere brauche man ausreichend Mitarbeiter. Sie habe etliche Hunde, die etwa Maulkorb trügen. Von ihren etwa 45 Hunden sei eigentlich nur die deutliche Minderheit vermittelbar. «Es ist schon schwierig zurzeit.»
Lenz sagte, als während der Corona-Pandemie alle zu Hause waren, hätten sich viele Menschen Hunde angeschafft. Sie wisse von einer Händlerin, die an einem Tag zehn Labrador-Welpen verkauft und 27 000 Euro verdient habe. «Das war unnormal», sagte sie mit Blick auf die damalige Nachfrage. Wegen der allgemein steigenden Kosten befürchtet sie, dass sich bald noch mehr Halterinnen und Halter von ihren Tieren trennen könnten. Sie sparten sich schon zunehmend Hundetrainer, und Tierärzte hätten bereits Preissteigerungen angekündigt.
Die Landespolitik hat aus Lenz' Sicht kürzlich eine große Chance für mehr Tierwohl verpasst. Vorschläge des Tierschutzbundes für die neue Hundehalterverordnung für gefährliche Hunde seien nicht berücksichtigt worden, etwa dass sich potenzielle Halter vorher mit den Tieren beschäftigen müssen.
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