Sassnitz. Die Krise in der Fischerei kommt auch in der Industrie an Land an. Künftig wird in Deutschland kein frisch gefangener Hering mehr im großen Stil direkt verarbeitet. Zu Versorgungsproblemen dürfte das nicht führen.

Künftig wird in Deutschland kein frisch gefangener Hering mehr im großen Stil verarbeitet. Der einzige industrielle Erstverarbeiter stellt ab März die Verarbeitung frisch gefangenen Herings ein, wie die Euro Baltic Fischverarbeitungs GmbH in Sassnitz auf Rügen am Mittwoch mitteilte. Grund seien die fast vollständige Einstellung der Heringsfischerei durch Kutter- und Küstenfischer in der deutschen Ostsee sowie langfristig weniger Hering aus der Nordsee in Folge des Brexit-Abkommens. Nach Angaben des Deutschen Fischerei-Verbands ist die für EU-Fischer vorgesehene Fangmenge in Folge des Handelsabkommens gesunken.

2021 seien nur noch 29 000 Tonnen Hering bei ständig steigenden Betriebskosten verarbeitet worden. Ausgelegt sei die Fabrik für eine jährliche Verarbeitung von Frischfischanlandungen von 50 000 Tonnen. "Die Gesellschafter haben sich entschlossen die Frischfischanlandungen bei der Euro Baltic Fischverarbeitungs GmbH unwiderruflich zum 01.03.2022 einzustellen", hieß es in der Mitteilung.

Es sei vorgesehen, in Sassnitz weiter andere Rohwaren zu veredeln und zu vermarkten. Die Fabrik werde umstrukturiert und Personal abgebaut. Arbeitnehmer sollen unter anderem Jobangebote in anderen Betrieben der Unternehmensgruppe in Deutschland erhalten.

Der Schweriner Fischereiminister Till Backhaus (SPD) zeigte sich erfreut, dass das Werk in Mukran auf Rügen erhalten werden soll. "Mecklenburg-Vorpommern hat eine jahrzehntelange Tradition in der großen Hochseefischerei." Die Unternehmensgruppe betreibe aktuell noch immer fünf Hochseetrawler im weltweiten Einsatz. Aber auch der betroffene Fischverarbeitungsbetrieb solle eine Chance erhalten, die Folgen des Brexit abmildern zu können.

Nach Einschätzung von Matthias Keller vom Bundesmarktverband der Fischwirtschaft wird die Einstellung der Erstverarbeitung auf Rügen nicht zu Engpässen auf dem Markt führen, sondern durch Anbieter aus dem Ausland, etwa aus Dänemark ausgeglichen werden.

Der Heringsfischerei in der deutschen Ostsee machen vor allem die Fangbeschränkungen von Seiten der EU zu schaffen, die mit den Maßnahmen die bedrohten Bestände schützen will.

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