Schwerin. Seit Monaten wehren sich die Bauern in Deutschland gegen das Agrarpaket des Bundes mit schärferen Umwelt- und Tierschutz-Auflagen. Nach der bundesweiten Protestaktion im vorigen Herbst trugen die Landwirte ihren Unmut nun erneut auf die Straßen.
Durch weite Teile Mecklenburg-Vorpommerns ist am Freitag die nächste Protestwelle der Bauern gerollt. Wie die Initiative "Land schafft Verbindung" als Organisator mitteilte, beteiligten sich landesweit etwa 600 Bauern mit ihren Traktoren an den Korsos. Die Traktor-Konvois waren Teil eines bundesweiten Aktionstages, mit dem die Landwirte ihren Forderungen nach fairen Erzeugerpreisen und der Rücknahme strenger Vorgaben etwa zu Arten- und Grundwasserschutz im Agrarpaket des Bundes untermauerten. Anlass war der Start der Grünen Woche in Berlin, wo es eine Großkundgebung gab.
Die Konvois im Nordosten waren am Nachmittag an vier Orten zu Rundkursen gestartet. Die Routen führten unter anderem über die B106 von Schwerin nach Wismar. Betroffen waren auch die B110 zwischen Rostock und Tessin, die B96 zwischen Neubrandenburg und Neustrelitz sowie die B105 zwischen Stralsund und Greifswald. Schon Tage vorher hatte die Polizei auf die zu erwartenden Verkehrsbehinderungen aufmerksam gemacht. Die Warnungen kamen offenbar bei vielen Autofahrern an, die daraufhin Ausweichstrecken nutzen. Bis zum frühen Abend hielten sich laut Polizei die Rückstaus in Grenzen. Vereinzelt hätten sich Autoschlangen von bis zu einem Kilometer Länge gebildet.
Landes-Bauerpräsident Detlef Kurreck, dessen Verband zusammen mit der Bewegung "Land schafft Verbindung MV" die Korsos initiiert hatte, erneuerte seine Kritik an der Bundesregierung. "Wir sind mit den bisherigen Reaktionen der Politik auf die Bauernproteste nicht zufrieden. Im Gegenteil. Die Politik hat sich kaum auf die Angebote der Bauern zubewegt. Stattdessen wird auf Zeit gespielt", beklagte Kurreck.
Die Proteste hatten sich am Agrarpaket des Bundes entzündet. Kritik der Bauern gibt es insbesondere an der neuen Düngeverordnung. Wegen der vielerorts hohen Nitratbelastung des Trinkwassers soll das Ausbringen von Gülle und mineralischem Dünger eingeschränkt werden. Bauern fürchten Ertragsrückgänge und wehren sich dagegen. "Die Düngeverordnung und das Insektenschutzprogramm gehören auf den Prüfstand", forderte Kurreck und kündigte weitere Proteste an.
Nach den Worten des Bauernpräsidenten stehen die Landwirte in Mecklenburg-Vorpommern für eine umweltgerechte und nachhaltige Landwirtschaft. "Doch die gibt es nicht zum Nulltarif. Landwirte sind Unternehmer. Sie arbeiten Tag für Tag mit hohem Einsatz und gehen große persönliche und wirtschaftliche Risiken ein", erklärte Kurreck. Die Landwirte seien bereit, auch zusätzliche Umweltleistungen zu erbringen. "Allerdings müssen diese von der Gesellschaft angemessen vergütet werden", betonte er. Allerdings befürchten die Bauern, dass die Agrarsubventionen der EU ab 2021 sinken.
Umweltverbände und Politiker werfen den Landwirten vor, bislang nur unzureichend auf die hohen Nitratwerte im Grundwasser reagiert zu haben und mit dem massiven Einsatz von Insektiziden dem Artensterben Vorschub zu leisten.