Jamel. Anzeichen auf Brandstiftung verdichten sich. Hamburger Anti-Nazi-Aktivisten unter Polizeischutz. 5000 Euro für Hinweise ausgelobt.

Das Feuer auf dem Hof der Anti-Nazi-Aktivisten Birgit und Horst Lohmeyer im mecklenburgischen Dorf Jamel ist vorsätzlich gelegt worden. Wie die Staatsanwaltschaft Schwerin am Freitag mitteilte, wurde ein Brandbeschleuniger am Tatort gefunden.

Am Freitag setzte die Staatsanwaltschaft für Hinweise zur Ermittlung des Täters eine Belohnung in Höhe von 5.000 Euro aus. Wie die Staatsanwaltschaft Schwerin mitteilte, ermittelt sie wegen Brandstiftung. Laut Staatsanwaltschaft soll ein bislang unbekannter Täter kurz vor Mitternacht den Fachwerkbau in Brand gesetzt haben.

Zuvor hatten die Lohmeyers, die nach NDR-Informationen nun unter Polizeischutz stehen, mitgeteilt, kurz vor Brandausbruch sei eine fremde Person auf dem Grundstück beobachtet worden. „Wir gehen davon aus, dass es sich um eine direkte Reaktion auf die kürzlich bekannt gegebene Verleihung des Georg-Leber-Preises für Zivilcourage an uns handelt“, sagte Horst Lohmeyer.

Abendblatt-Leser hatten Paar ausgezeichnet

Das aus Hamburg stammende Ehepaar wird nach eigenen Angaben seit seinem Zuzug 2004 in dem von Rechtsextremisten dominierten Dorf gemobbt. Es hat dort 2007 das Festival für Toleranz und Demokratie „Jamel rockt den Förster“ ins Leben gerufen und wurde für sein Engagement vielfach ausgezeichnet.

2011 wurden es von Abendblatt-Lesern in der Gemeinschaftsaktion von drei norddeutschen Zeitungen, NDR Info und NDR Fernsehen zu den „Helden des Nordens“ gewählt. Bei der diesjährigen Festival-Auflage am 28. und 29. August soll dem Paar der mit 10.000 Euro dotierte Georg-Leber-Preis der Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt überreicht werden.

Lohmeyers vermuten rechtsextreme Motivation

Die Lohmeyers vermuten hinter dem Feuer einen Brandanschlag mit rechtsextremistischem Hintergrund. Direkte Hinweise auf einen politischen Hintergrund gebe es jedoch bislang nicht. Es gebe in der Gemeinde jedoch häufig Auseinandersetzungen zwischen Rechten und Linken, bestätigte einen Polizeisprecherin.

Nach jahrelangem Mobbing durch die rechtsextremen Dorfbewohner bekomme die Auseinandersetzung nun „eine lebensgefährliche Qualität“, so Horst Lohmeyer. Und seine Frau Birgit Lohmeyer sagt: „Erst brennen die Wohnunterkünfte für Asylbewerber, jetzt brennen die Häuser der engagierten Bürger und Bürgerinnen.“

Die örtlichen Feuerwehren konnten ein Übergreifen des Feuers auf das Wohngebäude verhindern. Bei dem Brand wurde niemand verletzt. Das 240 Quadratmeter große Gebäude war zur Brandzeit leer.

Katholische Kirche Mecklenburg in Sorge

Die katholische Kirche in Mecklenburg äußert sich nach dem Brand besorgt. Wenn der Anschlag einen rechtsextremem Hintergrund haben sollte, seien alle gesellschaftlichen Kräfte gefordert, sagte die Leiterin des Katholischen Büros in Schwerin, Claudia Schophuis, am Freitag. „Gerade Menschen, die sich vor Ort gegen Rechts engagieren, brauchen Schutz und breite Unterstützung“. Das Ehepaar Lohmeyer sei ein wichtiges Vorbild.

Bereits am Donnerstag gab es bundesweite Anteilnahme. Der Zentralrat der Juden in Deutschland zeigte sich schockiert über den Brand. Die Amadeu Antonio Stiftung (Berlin) rief zu Spenden für die Lohmeyers auf, damit ihr jährliches Festival gegen Rechtsextremismus in zwei Wochen stattfinden kann. In der abgebrannten Scheune befanden sich technische Geräte, Werkzeuge und Materialien, die dringend dafür gebraucht werden.

Band Haudegen kündigt Hilfe an

Auch die Berliner Band Haudegen, die das Festival "Rock den Förster" durch eigene Auftritte mit anschob, sagte Horst und Birgit Lohmeyer ihre Hilfe zu. Auf Facebook veröffentlichten die Musiker Hagen Stoll und Sven Gillert bereits ein Video für die Anti-Nazi-Aktivisten, für das sich die Lohmeyers umgehend bedankten. Bei dem Paar handele es sich nun um "Freunde in Not", schrieb Haudegen dazu und versprach: "Wir feilen gerade an einer Hilfsaktion um die Familie zu unterstützen."

Kriminalisten fordern Übernahme des Generalbundesanwalts

Unterdessen forderte der bundesweite Kriminalistenverband, dass der Generalbundesanwalt das Verfahren übernimmt.

Der Anschlag von Jamel bilde den vorläufigen Höhepunkt einer bundesweiten Serie von Brandanschlägen, die sich vorrangig gegen Asylbewerberheime richteten, teilte der Kriminalistenverband mit. Rechte Brandstifter seien Terroristen.