Jana Sussmann von der LG Nordheide, die ewige Zweite, wird erstmals deutsche Meisterin in Kassel über 3000 Meter Hindernis
Winsen. So gelöst hat man sie lange nicht gesehen. Direkt nach dem letzten Hindernis schielt sie auf die große Anzeigetafel und kann sich angesichts des großen Vorsprungs ein breites Grinsen nicht verkneifen. Das sollte auch nicht mehr aus ihrem Gesicht weichen. 50 Meter weiter im Ziel dann ein kleiner Freudensprung, triumphierend reißt sie den rechten Arm in die Höhe und fällt der Zweitplatzierten glückstrahlend um den Hals. Endlich hat sie es geschafft. Jana Sussmann ist zum ersten Mal deutsche Meisterin, holt Gold über 3000 Meter Hindernis bei den 111. deutschen Leichtathletik-Meisterschaften in Kassel.
Und das in einer Deutlichkeit, die nichts zu wünschen übrig lasst. Schon zum Ende des verhaltenen ersten Kilometers (3:32 Minuten) setzt sich die 20-Jährige von der LG Nordheide vom Feld ab, läuft schnell 20 Meter Vorsprung heraus. Ihrer Tempoverschärfung auf dem zweiten Kilometer (3:14 min.) kann keine der elf Konkurrentinnen folgen. Und so strebt die Silbermedaillengewinnerin der U23-Europameisterschaften mit großer Souveränität und rhythmisch angefeuert von 15 000 Zuschauern im Auestadion ihrem ersten großen Titel entgegen. Im Ziel bleiben die Uhren für die Winsenerin bei 10:05,64 Minuten stehen. Acht Sekunden später folgt Verena Dreier (SG Wenden), die ihrerseits acht Sekunden Vorsprung auf Bronzefrau Friederike Feil (LG Olympia Dortmund) hat. Die deutsche Rekordhalterin Antje Möldner (SC Potsdam) feiert nach zwei Jahren krankheitsbedingter Abstinenz ein vielbeachtetes Comeback und wird gute Vierte.
Das Rampenlicht an diesem Tag gehört aber Jana Sussmann. "Dieser Titel bedeutet mir soviel", sprudelt es aus ihr heraus. Seit ihrem zweiten B-Jugend-Jahr gehört sie zur deutschen Spitze. In den vergangenen fünf Jahren war sie zunächst als Jugendliche über 1500 Meter und im Crosslauf und danach als Frau über die Hindernisse so oft Zweite, Dritte und Vierte bei deutschen Meisterschaften geworden. "Ich dachte schon, ich bin verflucht", blickt die Haspa-Auszubildende auf den weißen Fleck in ihrer Erfolgsbilanz zurück, "jetzt hat es mit dem Titel geklappt. Das ist der Hammer."
Ein weiterer Hammer könnte in den nächsten Tagen folgen. Da benennt der Deutsche Leichtathletik-Verband (DLV) sein Aufgebot für die Leichtathletik-Weltmeisterschaften in Daegu (Südkorea) vom 27. August bis 4. September. Jana Sussmann hat die A-Norm (9:43,00 min.) um 28 Hundertstel verfehlt, die zweimal geforderte B-Norm nur einmal gelaufen. Die Nominierungspraxis der letzten Jahre zeigt jedoch, dass der DLV seinen jungen Athleten auch bei knapp verfehlter Norm gern die Erfahrung eines Starts auf der ganz großen Bühne zugesteht.
Souverän hat Paul Dittmer vom MTV Hanstedt sein Minimalziel erreicht. Als Dritter seines Vorlaufs über 100 Meter Hürden und mit der siebtbesten Zeit aller 18 Starter (14,05 Sekunden) schaffte der 24-Jährige zum wiederholten Mal den Einzug in den Endlauf. Dort hatte sich der norddeutsche und niedersächsische Meister etwas mehr vorgenommen, als in 14,02 Sekunden erneut Rang sieben zu belegen. Die Top-Sechs setzten sich schon bald nach dem Start von dem auf Bahn zwei laufenden Hanstedter ab. "Ich habe es nicht geschafft, die nötige Spritzigkeit auf der Laufbahn zu entwickeln", so Dittmer. Dieser setzte sich zumindest bei der Vorstellung der Endlaufteilnehmer gut in Szene, als der Student der Wirtschaftspsychologie sein Bizeps-Tattoo "Sponsored bei Mom" in die Kamera hielt. Erfolgreich seinen deutschen Meistertitel verteidigte der lange verletzte Matthias Bühler (LG Offenburg/13,66 sek.).
Den zweitbesten Wettkampf dieser Saison zeigte Nils Winter im Weitsprung der Männer. Als Neunter mit 7,61 Meter verpasste der 34-Jährige vom Buxtehuder SV den Endkampf der besten Acht um einen einzigen Zentimeter. Wie eng die Springer in der Konkurrenz auf insgesamt mäßigem Niveau beieinander lagen, zeigt die Tatsache, dass Winters Rückstand auf Platz vier nur zwölf Zentimeter betrug. Für den einzigen Höhepunkt sorgte Trainingskamerad Sebastian Bayer (Hamburger SV), der mit 8,17 Meter deutscher Meister wurde und die WM-Norm um drei Zentimeter verfehlte.
Zufrieden mit dem Einzug ins Finale der zehn besten Staffeln und dem insgesamt siebten Platz, der mit einer Urkunde belohnt wurde, war die weibliche 3 x 800-Meter-Jugendstaffel der LG Nordheide. Mit Saisonbestzeit von 6:59,44 Minuten qualifizierten sich Ann-Kathrin Balduhn, Lea Madlen Meyer und Carlotta Meyer-Ranke für den Endlauf. Tags darauf übernahm Lea Sussmann, jüngere Schwester der deutschen Meisterin Jana, den Part als Startläuferin von Balduhn. Steigern konnte sich das Trio nicht. 7:01,92 Minuten bedeuteten Rang sieben. Im Vorfeld hatte Trainer Gerd Prüsmann seinem Mittelstreckenteam eine Leistung um 6:55 Minuten zugetraut. Mit eben dieser Zeit gewann die Startgemeinschaft Düsseldorf letztlich die Bronzemedaille.