Alle Hunde machen Dreck, im Park und anderswo. Von wegen: In Lüneburg sorgen einige sogar für Sauberkeit und sammeln Müll. Doch nicht alles klauben sie auf und Spaß müssen sie auch daran haben.

Lüneburg. Während der einzige anwesende Rüde „Stui“ noch seine Nase tief in einen Maulwurfshügel steckt, bringt Kursteilnehmerin „Lucy“ schon die erste Plastikflasche. Vorbildlich wartet sie auf die nächste Übungsaufgabe. „Ein wenig Labrador, ein wenig Husky – sie ist eine wilde schwarze Mischung“, sagt Lucys Frauchen Kirstin Rau. Auch der anhaltende Nieselregen hat die beiden nicht davon abhalten können, zum Abendkurs im Lüneburger Kurpark zu kommen. Insgesamt sind sechs Hunde mit ihren Besitzerinnen da, die Vierbeiner tragen ein rotes Halstuch. „Waste Watch Dog“ steht darauf, mit „Müll-Beobachter-Hund“ nur holprig zu übersetzen. Hier werden Müllsammler ausgebildet. Der Kurs soll Beschäftigung für Hunde mit Nützlichem verbinden – am Ende sollen die Tiere den aufgesammelten Müll selbstständig zum nächsten Abfallbehälter bringen.

„Ob der Hund reinrassig ist, spielt überhaupt keine Rolle. Wichtig ist nur, dass er Spaß daran hat“, sagt Ausbilderin Kate Kitchenham. „Man wird immer wieder überrascht. So gibt es Zwergpudel, die beim Müllsammeln begeistert dabei sind, während ein klassischer Apportierhund wie der Golden Retriever das blöd findet. Letztlich liegt es immer am Team von Mensch und Tier.“

Die fröhliche 39-Jährige hat Verhaltensforschung und Kulturanthropologie studiert. Sie ist Coach für das Jahrtausende alte Gespann Mensch-Hund und sitzt gerade an ihrem fünften Buch über die Vierbeiner. Es soll sich mit der Frage beschäftigen, woher denn Hunde wissen, dass sie Hunde sind. Man merkt rasch: Kate ist unkonventionell, und auch die Idee mit dem Müllsammeln ist bundesweit wohl einzigartig, auch das Fernsehen hat schon angefragt. „Ich weiß von keinem vergleichbaren Training“, sagt Kitchenham, die den Kurs eher als buntes Zusatzangebot betrachtet.

„Durch diese Aufgabe ist Lucy viel ausgeglichener“, sagt Kirstin Rau. „Sie ist aufmerksamer und freundlicher geworden.“ Die Besitzerin von „Molly“ sieht es ähnlich. „Als Hütehund braucht sie unheimlich viel Aufgaben“, sagt Martina Arste. Der feste Termin sei zudem eine Möglichkeit, weiter zusammenzuwachsen. „Hunde sind Nutztiere. Doch statt zu Jagen oder Schafe zu hüten liegen sie heute oft nur auf dem Sofa, werden dick oder treiben Schabernack, wie Kekse klauen oder Jogger jagen“, weiß Expertin Kitchenham. „Deshalb macht es Sinn, Hunde zu beschäftigen.“

„Gerade Hundehaltern stinkt der Müll, weil sie viel unterwegs sind“, hat Kitchenham beobachtet. „Das nervt die Leute – sicher nicht nur in Lüneburg.“ Doch der nutzbringende Hunde-Einsatz hat Grenzen, selbst wenn die Tiere Spaß daran haben: „Die Hunde sollen nur bestimmte Dinge apportieren. Dazu gehören Plastikflaschen, Chips-Tüten, Cola-Dosen und Getränkekartons“, sagt Kitchenham. Nicht bringen sollten sie freilich für Hunde gefährliche Gegenstände etwa aus Glas oder scharfkantige Dosen. „Auch eklige Dinge wie Toilettenpapier sollen sie liegenlassen.“

Auch wegen anderer Hemmnisse würden die bundesweit mehr als fünf Millionen Hunde die Parks des Landes nicht in Oasen der Reinlichkeit verwandeln, schränkt Kitchenham ein. Insbesondere bei heißem Sommerwetter rümpfen die Hunde ihre empfindlichen Nasen wegen der am Nachmittag stinkenden Abfallbehälter.

„Auch bei strömendem Regen haben die meisten Hunde keine Lust – genau wie wir. Eine Konkurrenz für die Müllabfuhr sind wir deshalb noch nicht“, sagt die Kursleiterin. „Müllmänner müssen bei jedem Wetter ran, auch wenn sie keinen Spaß daran haben – und dem Leinenzwang unterliegen sie auch nicht.“