Binnenschiffer Manfred Maiwald muss bereits das zweite Mal in diesem Monat eine mehrtägige Zwangspause in Scharnebeck einlegen.

Scharnebeck. Schiffer Manfred Maiwald steht wieder einmal im Stau in Scharnebeck. Seit Freitag sitzt er mit seinem Tankmotorschiff "Nautic" am Schiffshebewerk fest. Er muss bereits das zweite Mal in diesem Monat eine mehrtägige Zwangspause einlegen. Ein verlorener Tag kostet ihn rund 1500 Euro. Ein Verlust, den er nicht wieder einfahren kann, und der von niemandem ersetzt wird.

Weil der östliche Trog des Schiffsfahrstuhls noch bis voraussichtlich Ende des Jahres saniert wird und somit außer Betrieb ist, trägt der andere nun seit 2009 die ganze Last. Doch auch am Westtrog geht seit Freitagmorgen nichts mehr. Ein Dichtungsschaden muss aufwendig repariert werden, die Schiffe müssen warten, bis der Trog wieder funktioniert. Bis Mittwoch, so hieß es am Freitag, könnten die Arbeiten dauern.

Binnenschiffer Maiwald ist verärgert und machte sich jetzt in der Zeitung "Binnenschifffahrt" Luft über die Situation am Schiffshebewerk. Der Bericht "Unhaltbare Zustände am Hebewerk Scharnebeck" in dem Fachmagazin des Bundesverbandes der Selbstständigen, Abteilung Binnenschifffahrt, löste heftige Kritik beim Leiter des Wasser- und Schifffahrtsamtes (WSA) Uelzen, das für das Hebewerk zuständig ist, aus. Martin Köther schreibt an den Vorsitzenden des Bundesverbandes, der Artikel vermittle den Eindruck, eine unfähige und gegenüber der Schifffahrtsbelange ignorante Verwaltung sei am Werk. "Dem muss ich entschieden widersprechen", schreibt er.

Maiwald hatte in seinem Bericht ausgeführt, in Scharnebeck könne besichtigt werden, was passiert, wenn mit Sanierungsmaßnahmen bis zum letzten Drücker gewartet werde. "Abgesehen davon, dass die Kapazität des Westtroges viel zu gering ist, ist er technisch offensichtlich an den Grenzen seiner Leistungsfähigkeit angekommen." Er müsse regelmäßig jeden Montagmorgen überholt werden, so Maiwald. "Und deshalb bleibt er dann gesperrt."

Doch damit lässt es der Binnenschiffer nicht bewenden. "Das scheint aber für die Funktionsfähigkeit nicht auszureichen, denn ständig fällt er zwischendurch aus." Die Dauer betrage ihm zufolge zwischen drei Stunden und fünf Tage. "So war es zuletzt im Juni und Anfang August. Was das für die Schifffahrt bedeutet, bedarf wohl kaum einer Erklärung", so der Kapitän aus Rinteln.

Das Ausweichen auf die Elbe indes sei im Sommer wegen eines zu niedrigen Wasserstandes nicht möglich. Maiwald befürchtet, dass sich die Ausfälle häufen werden: "Der Westtrog scheint dem Dauerbetrieb nicht gewachsen."

WSA-Leiter Köther weist diese Kritik als Spekulation zurück. Die Grundinstandsetzung mit einem Investitionsvolumen von mehr als 40 Millionen Euro habe das Ziel, den Betrieb der Anlage für die kommenden 35 Jahre zu sichern und der Schifffahrt ein leistungsfähiges Abstiegsbauwerk bereit zu stellen. Sie werde ihm zufolge zu einem Zeitpunkt durchgeführt, zu dem die technische Lebensdauer einzelner Bauteile, besonders der Halteseile der Tröge zu Ende gehe. Von einem Warten "bis auf den letzten Drücker" könne also keine Rede sein."

Gleichwohl, so räumt er ein, stelle die Instandsetzung eine Einschränkung für die Schifffahrt dar. Auch könne nicht ausgeschlossen werden, dass der westliche Trog störungsbedingt ausfalle. Um dieses Risiko zu minimieren würden laut Köther jeden Montag in einer vierstündigen Sperrzeit Unterhaltungs- und Kontrollarbeiten durchgeführt. Der Zeitpunkt sei mit der Schifffahrt einvernehmlich festgelegt worden. Dem widerspricht Maiwald. "Ich bin im Vorstand des Bundesverbandes der Selbstständigen, Abteilung Binnenschifffahrt. Von der angeblichen Absprache weiß ich nichts."

Neben planbaren Sperrungen sei es auch vereinzelt zu unvorhergesehenen Ausfällen des Westtroges gekommen, räumt Köther ein. Gründe seien gewesen, dass Schiffe ihn angefahren und beschädigt hätten, Lagerschäden an den Seilscheiben des Hebewerks umgehend repariert werden mussten. Bei allen diesen Arbeiten habe sich eine hohe Fachkompetenz und Einsatzbereitschaft sowie Identifikation der WSA-Mitarbeiter mit ihren Aufgaben und Schifffahrtsanlagen gezeigt, so Köther.

Schiffer Maiwald hält entgegen, dass bei Bahn oder Lkw solche Zustände undenkbar wären. "Nicht zuletzt deshalb sind schon viele Kunden auf die Straße abgewandert." Er glaubt, auch der Westtrog müsse saniert werden. Die Situation sei so schlecht für die Binnenschiffer, weil viel zu lange nach dem Prinzip "Augen zu und durch" verfahren worden sei: "Bauwerke wurden einfach weiter betrieben, so lange sie einigermaßen funktionierten."

Er fordert, das Wasserstraßennetz in Deutschland uneingeschränkt befahrbar zu halten: "Das setzt voraus, dass zumindest angemessen in den Bestand investiert wird. Und zwar dort, wo es nötig ist." Weitere Pleiten wie am Schiffshebewerk Scharnebeck dürften nicht passieren. "Schon vor zehn Jahren hätten Verkehrsministerium und Schifffahrtsverwaltung erkennen müssen, dass das Hebewerk dem Verkehrsaufkommen nicht mehr gewachsen ist."