Eichenprozessionsspinner breitet sich rasant aus. FDP kritisiert die Art der Bekämpfung

Lüneburg. In Niedersachsen ist derzeit ein Naturphänomen zu beobachten, das sonst eher in anderen Bundesländern auftritt: Die massenhafte Vermehrung des Eichenprozessionsspinners. Auch im Landkreis vermehrt sich die Giftraupe derart, dass bereits im Vorjahr Mitarbeiter des Betriebs Straßenbau- und Unterhaltung (SBU) massiv einschreiten mussten.

Der Nachtfalter aus der Familie der Zahnspinner (zoologisch Thaumetopoea processionea) gilt als Schädling, da er nicht nur die Eiche schädigt, sondern auch bei Menschen Allergien auslösen kann. "Daher müssen wir handeln", sagt SBU-Leiter Robert Ruth. Es sind die feinen Brennhaare der Raupen, die sich auf Haut und Schleimhäuten festsetzten. Die winzigen Härchen des Baumschädlings können bei Kontakt mit der Haut, den Augen oder durch Einatmen bei Menschen zum Teil heftige allergische Reaktionen wie Quaddeln, Hautentzündungen, Schwindel, Fieber und Asthma verursachen.

Normalerweise haben natürliche Feinde der Raupe die Bestände im Griff. Das derzeitige massenhafte Auftreten wird aber durch den warmen Sommer begünstigt. So wurden erstmals 2009 vom SBU nach Absprache mit dem Fachdienst Umwelt des Landkreises in einer Obstbaummeile in Neuhaus 150 befallene Eichen gefällt.

Nicht überzeugen konnte dieser rigorose Kahlschlag die FDP-Fraktion im Kreistag. Karin-Ose Röckseisen, Vorsitzende der Liberalen: "Im Landkreis Ludwigslust waren im Sommer Lkw und Flugzeuge mit Schädlingsbekämpfungsmitteln unterwegs, um die schönen Alleebäume zu retten. Es gibt also auch andere Wege als die Radikalkur mit Axt und Säge." Röckseisen hofft, dass der Landkreis in diesem Jahr schonendere Maßnahmen ergriffen hat. Für die Fraktion stellte sie Anfragen an Landrad Manfred Nahrstedt hinsichtlich Bekämpfung, Verbreitung und Perspektiven des Schädlings.

Tatsächlich ist die Bekämpfung in diesem Frühjahr anders verlaufen. Aus der Luft wurde der Eichenprozessionsspinner auf diversen Straßenabschnitten in den Landkreisen Lüneburg, Lüchow-Dannenberg und Uelzen bekämpft. Zuvor waren in einer umfangreichen Aktion die befallenen Gebiete kartiert worden. Anhand der Karte lässt sich im kommenden Jahr sowohl der Erfolg der Bekämpfung als auch die eventuell zunehmende Verbreitung des Nachtschmetterlings überprüfen.

Federführend an der Aktion beteiligt war die Lüneburger Geschäftsstelle der Niedersächsischen Landesbehörde für Straßenbau und Verkehr. Die Durchführung dieser Aktion wurde von der Nordwestdeutschen Forstlichen Versuchsanstalt intensiv begleitet. Sie brachte dabei ihre umfangreichen Erfahrungen bei der Raupenbekämpfung im Vorjahr in Sachsen-Anhalt ein. Da es sich in dem Verbreitungsgebiet der Giftraupen um sensible Naturräume handelte, wurde ihre Ausrottung mit einem natürlichen Wirkstoff, dem Bakterium Bacillus thuringiensis vorgenommen. Für Menschen und andere Wirbeltiere ist dieses Mittel ungefährlich. "Der Hubschrauber flog die befallenen Stellen per GPS an. Auf diese Weise ließen sich selbst einzeln befallene Eichen besprühen", sagt Dirk Möller von der Lüneburger Geschäftsstelle der Niedersächsischen Landesbehörde für Straßenbau und Verkehr.

Zur Durchführung dieser Aktion hatten sich die Unterhaltungspflichtigen der Straßen und Waldeigentümer zusammengeschlossen. Die Gesamtkosten der Bekämpfung beliefen sich auf rund 350 000 Euro. Viel teurer wären Absaugmaßnahmen und Besprühen der Nester vom Boden aus durch einzelne Mitarbeiter geworden, so Möller.