Die Zahl der Solaranlagen in Lüneburg wächst, doch die Politik erschwert den Ausbau. Eine private Solaranlage kostet momentan 9000 Euro.

Lüneburg. In einem Punkt sind sich alle einig: Fotovoltaik boomt. Seit 2008 habe sich die solare Leistung in der Stadt Lüneburg mehr als versechsfacht, sagt Tomas Biermann-Kojnov vom Lüneburger Solarverein SunOn; im Landkreis habe sie sich vervierfacht. Dennoch fürchtet er um die weitere Entwicklung in Sachen Sonnenenergie: "Wie das Thema von der Politik gehandhabt wird, und zwar sowohl auf Bundesebene als auch hier in der Stadt, ist ein Unding."

"Ausgebremst" würde hier, und das in großem Stil. So wurde in Berlin die eigentlich für 2012 geplante Kürzung der Einspeisevergütung um ein halbes Jahr auf den 1. Juli diesen Jahres vorgezogen. Wer plant, in eine Solaranlage zu investieren, muss dies in den nächsten zweieinhalb Monaten tun, sonst drohen Einbußen von bis zu 15 Prozent. Biermann-Kojnov: "Diese ständigen, willkürlichen Änderungen der Bedingungen erschweren die technischen Planungen von Neuanlagen enorm."

Das bekommen auch die lokalen Anbieter von Solaranlagen zu spüren. Die Katastrophe in Fukushima habe die Nachfrage zwar deutlich angekurbelt, so die einhellige Aussage mehrerer Lüneburger Händler. "Viele rufen an und wollen wissen, ob eine Solaranlage auf ihrem Dach überhaupt möglich sei und was sie kosten würde", sagt beispielsweise Lars Bücker von Bode Energie- und Sicherheitstechnik.

Wirklich kaufen würden aber die wenigsten: "Viele wollen abwarten, wie sich die Situation weiter entwickelt." Denn vielleicht beinhaltet die viel zitierte "Energiewende mit Augenmaß" auch eine höhere Förderung der Sonnenenergie. Vielleicht wird es in absehbarer Zeit ja sogar einen grünen Kanzler (oder eine Kanzlerin) geben - nach aktuellen Umfragen wäre dies denkbar. Was dies für die Kosten und Erträge einer Fotovoltaik-Anlage bedeutet, kann heute nicht abgeschätzt werden.

Derzeit muss ein Privatmann laut Biermann-Kojnov etwa 9000 Euro hinlegen, wenn er auf seinem Einfamilienhaus eine Solaranlage installieren möchte - 3000 Euro pro Kilowatt sei hier in Lüneburg der gängige Preis.

Das sei im bundesweiten Vergleich überdurchschnittlich viel. "Man sollte versuchen zu handeln oder weiter weg einkaufen." Wichtig sei vor allem, dass die Anlage maßgefertigt sei, damit die Ernte möglichst gut ausfalle. Dann lohne sich die Investition: "Wenn man den nötigen Energiespeicher hat, kann man völlig autark sein und muss keinen Strom mehr dazukaufen." Das mache einen nicht nur unabhängig von Strompreiserhöhungen, überdies habe man auch einiges für die Umwelt getan. "Sonnenenergie ist sauber und sicher", so Biermann-Kojnov.

Die Argumente von Gegnern, Solarenergie sei nicht effizient genug und verbrauche bei der Herstellung der Module mehr Energie als erwirtschaftet werden könne, tut Tomas Biermann-Kojnov als "völlig unsinnig" ab.

Die Technik habe sich in den vergangenen Jahren enorm verbessert. Die zur Herstellung der Module verbrauchte Energie sei bei manchen Anlagen bereits nach einem, immer aber spätestens nach 3,5 Jahren wieder amortisiert. Bei einer Lebensdauer der Module von 30 bis 40 Jahren sei der (Energie-)Gewinn also beträchtlich. Biermann-Kojnov: "Das werden Sie bei Atomstrom, bei Kohle, Gas oder Öl nie haben - da müssen Sie immer mehr Energie reinstecken als rauskommt!"

Ebenfalls ein beliebtes Gegenargument: Solaranlagen seien unattraktiv. In der Lüneburger Altstadt mit den historischen roten Hohlziegeln sind Solaranlagen deshalb grundsätzlich verboten. Nur in Ausnahmefällen dürfen sie nach erteilter Genehmigung installiert werden. Genau sechs Solaranlagen gibt es laut Daniel Steinmeier, Pressesprecher der Stadt, in Lüneburgs Altstadt - in uneinsichtigen Hinterhöfen, versteht sich. Damit das einheitliche Rot der Dächer nicht gestört wird.

Doch auch auf freier Flur sind Solaranlagen nicht immer gern gesehen. Beispiel Oerzen: Im vergangenen Dezember wurde dort ein 3,7 Hektar großer Solarpark errichtet - sehr zum Leidwesen einiger Anwohner, die sich lange gegen das Vorhaben wehrten. Erfolglos - die Anlage ist in Betrieb und liefert in Spitzenzeiten bis zu 1,1 Megawatt Strom pro Stunde. Künftig wird es noch mehr sein: Der Betreiber, SunEnergy Europe, plant laut Projektingenieur und Bauleiter Christian Rolle, die Anlage demnächst um zehn Prozent zu erweitern.

Ein noch größerer Solarpark - von 15 000 Quadratmetern ist die Rede - wird höchstwahrscheinlich in Kürze auf der Mülldeponie in Bardowick entstehen. Die Verhandlungen mit einem Solaranlagen-Betreiber sind laut Hubert Ringe, Geschäftsführer der Gesellschaft für Abfallwirtschaft (GfA), fast abgeschlossen: "Wir gehen ganz fest davon aus, dass hier demnächst eine Solaranlage gebaut wird."

Wer mehr über Solarenergie erfahren möchte, kann den Solarstammtisch von SunOn besuchen. Er findet jeden vierten Donnerstag im Monat um 19.30 Uhr im Gasthaus Krone statt.

Teil 7 unserer Serie beschäftigt sich am Mittwoch mit Forschungsarbeiten an der Leuphana zur Nutzung von Abwärme