220 Feuerwehrleute sichern den neuen Deich. Qualmwasser überschwemmt Äcker, auch weitab von der Elbe

Alt Wendischthun. Zentimeter für Zentimeter sinkt der Pegelstand der Elbe. Trotzdem ist er immer noch auf einem hohen Niveau. Norbert Thiemann, Geschäftsführer des Artlenburger Deichverbandes, sagt, die Prognose für die kommenden Tage sei jedoch günstig und gehe von einem Rückgang von 25 Zentimeter am Tag aus. "Das ist viel. Ende der Woche ist der Spuk dann hoffentlich vorbei."

Während der Druck auf die Deiche allmählich etwas geringer wird, wird es hinter den Deichen immer nasser. Thiemann: "Qualm- und Sickerwasser machen Probleme. Das ist immer so bei fallenden Wasserständen. Dann erhöht sich der Druck im Hinterland." Durch den Wasserdruck des hohen Elbepegels wird der Deich von Grundwasser unterströmt. Das tritt manchmal brodeln oder qualmend an die Oberfläche, daher der Name. Ebenso tritt Sickerwasser aus den Schutzdämmen aus. "Wir haben zwar einige kleine Schwachstellen, doch die werden mit Sandsäcken abgedeckt", sagt Thiemann.

Nur an einer Stelle haben Qualm- und Sickerwasser zu einem Großeinsatz der Feuerwehren in der Nacht auf Dienstag gesorgt. Aus dem neuen, 2009 eingeweihten Deich im Bleckeder Ortsteil Alt Wendischthun traten Wasser und Sand aus. Es drohte in Leck. Der dahinter verlaufende Elbweg wurde durch das Qualmwasser angehoben. Die Technische Einsatzleitung entschied daher, zur Unterstützung der Stadtfeuerwehr Bleckede weitere Wehren zu alarmieren, um die Situation zu entschärfen. Die beiden Züge der Feuerwehr Bleckede wurden ab Mitternacht in Alt Wendischthun von den Feuerwehren Barendorf und Wendisch Evern sowie Neetze, Süttorf, Thomasburg und Radenbeck unterstützt.

Mit Drahtgittermatten, Planen und 2000 Sandsäcken befestigten die Einsatzkräfte den Deich. Auch ins Rutschen geratene Böschungen an einem Graben direkt am Wall sicherten sie. Auf dem Elbweg wurden 800 Tonnen Mineralgemisch mit Radladern ausgebracht, um das weitere Anheben der Fahrbahn zu verhindern.

Zudem rückten die Feuerwehren aus Adendorf, Radbruch, Mechtersen, Vögelsen, Bardowick, Handorf, Wittorf, St. Dionys, Horburg und Barum aus, um Sandsäcke am Feuerwehrhaus in Bleckede zu füllen. "Rund 9000 Sandsäcke wurden gefüllt, doch nicht alle benötigt. Das hat den günstigen Nebeneffekt, dass die Reserve auf ein paar tausend aufgestockt wurde", berichtet Boris Reisgies vom Katastrophenstab des Landkreises. Insgesamt waren bis zum frühen Morgen 220 Feuerwehrleute im Einsatz.

Nach Einschätzung von Bauingenieurin Karin Helms, Fachberaterin des Niedersächsischen Landesbetriebs für Wasserwirtschaft Küsten- und Naturschutz (NLWKN), müsse die Situation an den Deichen im Landkreis weiter genau beobachtet werden, sie sei aber nicht dramatisch. Wegen des noch immer deutlich erhöhten Wasserspiegels der Elbe seien die Deiche inzwischen zwar durchweicht, aber weiterhin stabil, so die Expertin. Norbert Thiemann ergänzt, dass die Probleme mit Unterspülungen in Alt Wendischthun nicht ungewöhnlich für einen neuen Deich sind, weil das Bauwerk sich noch nicht richtig gesetzt hat.

Er geht davon aus, dass sich die Probleme mit dem Qualmwasser in den kommenden Tagen noch verstärken werden. Seenlandschaften werden sich seinen Worten zufolge auch fernab der Elbe bilden. "Es zieht sich immer weiter weg von den Deichen", sagt er.

Damit steigt die Gefahr, dass Keller mit Wasser volllaufen. Bisher habe die Feuerwehr aber noch nicht zum Auspumpen ausrücken müssen, berichtet Boris Reisgies. " Aber wir sind auf solche Einsätze vorbereitet." Ernteausfälle befürchtet Thiemann allerdings auf Äckern und Feldern in der Elbmarsch, auf die jetzt weiter das Qualmwasser von unten drückt und sie überschwemmt.