Was die Gäste des Epiphaniasempfangs für dieses Jahr erwarten . Vorbild ist für viele Margot Käßmann

Lüneburg. Für Lüneburgs Protestanten ist es der Startpunkt des Jahres: der Epiphaniasempfang in der St. Johanniskirche am 6. Januar. Für sie möge 2011 das Jahr der Überwinder werden, sagte Superintendentin Christine Schmid: die das Böse mit dem Guten überwinden. Die Besucher wünschten sich auf Nachfrage der Rundschau von der Kirche mehr Einmischung im politischen Leben.

"Hier ist das Gute, da das Böse - so einfach ist das nicht", sagte die Superintendentin in ihren Begrüßungsworten. Letztlich trage - und das sollten Christenmenschen ehrlich zugeben - jeder Mensch eine Neigung zum Bösen in sich, und wer das Böse mit Gutem überwinden wolle, brauche Zeit, Menschen zum Reden und Werte.

Gastredner in diesem Jahr war Prof. Axel Noack, Bischof a.D., er sprach über "Die Freiheit des Christenmenschen - Der Beitrag der Kirche zum gesellschaftlichen Leben 2011". Was ihrer Meinung nach die Kirche zur Gesellschaft in diesem Jahr beitragen solle, wollte die Lüneburger Rundschau im Vorwege des Vortrags von einigen der rund 300 Gäste wissen.

Das Buch von Margot Käßmann liest gerade Renate Bockholdt, Vorsitzende der Sieb-und-Meyer-Stiftung in Lüneburg. "Es beeindruckt mich, wie stark Käßmann Stellung bezieht", sagte sie der Rundschau. "Und dabei habe ich gemerkt: Das müsste ich selbst auch viel mehr tun." Und dafür wünscht sich Renate Bockholdt von der Kirche Anregungen, um herauszufinden: "Wo stehe ich wirklich?"

Ursel Jantzen, Ehefrau des Landessuperintendenten Hans-Hermann Jantzen, hat eine ganze klare Forderung an die Kirche für das Jahr 2011: "Dass die Kirche beim Thema Atom weiter am Ball bleibt und sich nicht einschüchtern lässt." Ursel Jantzen möchte, dass sich die Kirche kritisch zu politischen Themen äußert - und weiter gegen Atomkraft mobil macht. Zwei weitere Themen liegen ihr außerdem am Herzen: Chancengleichheit und Armut. Da soll die Kirche "Angebote schaffen" und der Politik "auf die Füße treten".

Auch Heinrich Riebesell, Pastor im Ruhestand, wünscht sich von seiner Kirche mehr Einmischung: "Die Kirche müsste bei politischen Fragen öffentlich präsenter sein", sagte Riebesell der Rundschau. "Es ist ein bisschen wenig, was die Kirche bislang sagt. Es ist wichtig, dass wir uns mehr einbringen." Positiv hob er die Neujahrspredigt von Margot Käßmann mit ihrer Kritik am Afghanistan-Einsatz der Bundeswehr von vergangenem Jahr hervor: Das gebe Denkanstöße.

Auch Doris Paland möchte, dass die Kirche sich zu politischen Themen äußert. "Sie sollte neuralgische Punkte wie etwa das Auseinanderdriften von Arm und Reich deutlich machen", sagte sie der Rundschau. "Auch wenn es nicht immer einfache Lösungen gibt." Und Stefanie Sivkovich, Leiterin des China-Forums Lüneburg, wünscht sich neben mehr Kinder und Jugendarbeit eine einfachere Sprache bei den Predigten. "Die Menschen sind der Kirche zugetan, aber die Sprache in den Predigten muss verständlich sein und aus dem Herzen, aus dem Leben kommen." Sie möchte, dass die Pastoren die Worte der Bibel "übersetzen".

Der Redner selbst, Bischof a.D. Prof. Axel Noack, sagte in seinem Vortrag: Die Mitte der Gesellschaft werde dünner, die Ränder verstärkten sich. Überall werde nach verschärften Regeln gerufen. Doch: "Es ist eine Illusion zu meinen, mit Recht und Gesetz allein lasse sich ein geordnetes Miteinander aufrechterhalten." Es gebe schon heute einen unseligen Wettbewerb zwischen denen, die Gesetzesschlupflöcher stopfen und denen, die sie suchen. Und: "Die Schlupflochsucher sind meist schneller als die Schlupflochstopfer."

Daher brauche es Menschen, die sich freiwillig an Recht und Gesetz halten. Die ihre Freiheit verantwortlich gebrauchen. Der Glaube helfe dabei, genau hinzusehen. Und der Anfang könne dafür bereits in der Taufe liegen: "Zwar ist es heute schick, ein Suchender zu sein. Aber man muss auch mal finden", sagte Noack. "Die Taufe ist ein Merk- und Rastpunkt. Hier fällt einer eine Entscheidung: Ich habe gefunden."