Projekt “Sichere Schule“ für eine bessere Gewaltprävention gestartet. Bis Ende 2011 werden 30 000 Euro investiert

Lüneburg. Die Schulen in Stadt und Landkreis Lüneburg sollen sicher werden. Das ist das Ziel des Projekts "Sichere Schule", das jetzt gestartet ist und noch bis Ende 2011 läuft. Lehrer und Sozialarbeiter sollen im Ernstfall genau wissen, wie sie sich verhalten - damit eine falsche Reaktion die Situation nicht noch verschärft. Und sie sollen lernen, Hinweise auf mögliche spätere Gewalt früher zu erkennen.

Seit 2004 gibt es einen Erlass der Landesregierung, dass Schulen Sicherheitskonzepte aufstellen müssen. Aber sie bekamen dabei bislang keine kompakte Hilfe. Insofern ist das Projekt des Lüneburger Präventionsrats bundesweit einzigartig.

Gemeinsam mit Eleonore Tatge und Imme Konzack-Rempe von der Polizeiinspektion in Lüneburg unterstützen zwei speziell dafür ausgebildete schulische Krisenmanager und Fachkräfte für Kriminalprävention alle weiterführenden Schulen in Hansestadt und Landkreis bei der Einrichtung sogenannter Krisen- und Präventionsteams, außerdem gründen sie einen Arbeitskreis "Sichere Schule" mit Vertretern aller relevanten Institutionen.

Julia v. Thoen und Thomas Flocken sind die zwei, die Lüneburgs Schulen sicherer machen sollen. Das heißt konkret: Schulgewalt vermindern und im besten Fall vermeiden. "Wir wollen Schulen in ihren Sicherheits- und Präventionskonzepten unterstützen", sagt Thomas Flocken. "Das läuft nicht nach Schema X, sondern wir richten uns jeweils danach, was die einzelnen Schulen bereits leisten."

Das Problem dabei: Bislang seien diejenigen, die sich mit dem Thema auseinandersetzen, häufig Einzelkämpfer. Das soll sich ändern, sagt Julia v. Thoen: "Wir wollen Schulen vernetzen, es soll zum Austausch kommen. Auch zum Beispiel mit der Polizei und der Schulpsychologie."

Krisen an Schulen können dabei ganz unterschiedlicher Art sein: Mobbing, schlechtes Schulklima, Verschwinden eines Schülers, Brand, Suizid, tödlicher Unfall, schwere körperliche Gewalt, Geiselnahme, Bombendrohung, Totschlag oder sogar Mord. Julia v. Thoen und Thomas Flocken wollen den Pädagogen nicht nur aufzeigen, wie sie in den jeweiligen Situation richtig reagieren, sondern wie sie die Entwicklung zu bestimmten Situationen schon im Vorwege erkennen und frühzeitig eingreifen können.

"Schulen sind keine Enklave, sondern spiegeln das gesamte Spektrum unserer Gesellschaft, also auch Gewalt. Und es gibt Instrumente, Techniken und Methoden, nach denen die Ernsthaftigkeit von Drohungen bewertet werden kann", sagt Flocken. "Es gibt einen Weg der Gewalt und Warnsignale. Taten haben immer eine Vorgeschichte, und Täter sind erkennbar. Man kann sehen lernen, wie weit jemand auf dem Weg zur Gewalt ist."

Am weitesten fortgeschritten auf dem Weg gegen Gewalt ist die Georg-Sonnin-Schule, die Berufsbildende Schule II Am Schwalbenberg. Dort gibt es seit rund sieben Jahren einen Gewaltpräventionsausschuss mit neun Mitgliedern. Dessen Vorsitzende, Christine Vennekamp sagt: "Wir veranstalten jährlich einen Workshop-Tag zum Thema Gewaltprävention. Außerdem unterzeichnen alle Schüler am Schuljahresanfang eine Vereinbarung. Darin steht unter anderem, dass sie gewaltfrei miteinander umgehen."

Hintergrund waren diverse Prügeleien zwischen Schülern unterschiedlicher Nationalitäten, die auch Körperverletzungen zur Folge hatten. "Das war sehr brutal, es wurde richtig zugeschlagen", sagt Schulsozialarbeiterin Anne Stepanok, ebenfalls Mitglied im Ausschuss. Mittlerweile gibt es einen Notfallplan für die Schule, wer was im Fall einer Krisensituation zu tun hat.

Umgesetzt werden musste er zum Glück noch nicht. Christine Vennekamp: "Die Gewalt ist weniger geworden. Es wird insgesamt auch schneller reagiert." Bei Prügeleien gibt es klare Regeln: Wer schlägt, wird sofort suspendiert und anschließend zu einem Gespräch mit dem Opfer respektive des Gegners gebeten. Je nach Ergebnis der Mediation folgen weitere Maßnahmen, optional wird auch die Polizei eingeschaltet.

Neu ist an der Schule auch ein Trainingsraum. Dorthin werden den Unterricht störende Schüler geschickt und von einer Pädagogin betreut.

Dass jede weiterführende Schule einen Ausschuss wie die Georg-Sonnin-Schule bildet, wäre der Idealfall, sagen die Krisenmanager Julia v. Thoen und Thomas Flocken. Ziel ist dann, Vertreter dieser Ausschüsse im Arbeitskreis zusammenzuschließen.

Der Arbeitskreis soll sich viermal im Jahr treffen und bietet monatlich Vortrags- und Diskussionsabende zu unterschiedlichen Themen an, die auch Nichtmitgliedern offen stehen. Alle Angebote sind kostenlos. Das Projekt "Sichere Schule" hat ein Volumen von rund 30 000 Euro und wird finanziert von Lions Club, Sparkasse und Kriminalpräventionsrat.