Henning Bendler arbeitet an einem Buch über das 1500 Quadratmeter große Tanklager, und lüftet die Geheimnisse des alten Treibstoff-Depots.

Bleckede. Henning Bendler ist einer von wenigen, die die Geschichte des Bleckeder Ölhofs wirklich kennen. Er lebt mit seiner Familie auf eben jenem Areal, auf dem erst die kaiserliche Marine und später die Nationalsozialisten große Mengen von Schweröl in unterirdischen Tanks lagerten. Derzeit arbeitet Bendler an einem Buch über die Ereignisse, die zum Bau und zur Vernichtung des Marinenachschublagers am Ortsrand von Bleckede geführt haben.

Dabei geht es ihm vor allem um eine Aufarbeitung des historischen Umfelds. "Bis jetzt gibt es keine vollständige Dokumentation der Ereignisse auf dem Ölhof - und die Zeitzeugen sterben allmählich aus", sagt Bendler, der sich auch aus privatem Interesse neben seiner Berufstätigkeit mit der Spurensuche auf dem 1500 Quadratmeter großen Areal beschäftigt: Seine beiden Großväter waren am Bau des Ölhofs beteiligt. Im Gegensatz zu vielen anderen Bewohnern Bleckedes wusste man in der Familie Bendler genau, was auf dem Grundstück im Wald vor sich ging.

"Der Ölhof wurde 1917 angelegt. Die Schiffe der kaiserlichen Marine stellten damals auf Ölfeuerung um, man brauchte Lagerkapazitäten im Hinterland", berichtet Bendler. Tanks mit einem Fassungsvermögen von 200 000 Tonnen hätten die ursprünglichen Planungen vorgesehen. "Die erforderlichen Grundstücke wurden angekauft, zwei Eigentümer enteignet", so Bendler.

Der Aufwand, der getrieben wurde, sei enorm gewesen. "Eine eigene Kleinbahn-Gesellschaft wurde gegründet, die Schmalspurstrecke nach Lüneburg umgerüstet", erzählt Bendler. Im Bleckeder Hafen baute die Marine eine Verladeanlage, die über ein unterirdisches Rohrsystem mit dem Ölhof verbunden war. Trotz allem erreichte die Marine ihr Ziel nicht: Bis zum Ende des ersten Weltkrieges wurden nur vier statt der geplanten 20 Ölbehälter gebaut. Bis 1928 geschah dann auf dem Ölhof kaum etwas.

Mit der Machtergreifung der Nationalsozialisten geriet das Areal wieder ins Visier des Militärs. "Ab 1935 wurde wieder massiv Öl eingelagert", sagt Henning Bendler, der für seine Dokumentation schon zahllose Archive nach Informationen durchfilzt hat. Im Ölhof sei auch wieder gebaut worden: "Baracken für die Arbeiter entstanden, neue Ölbehälter wurden angelegt. Alle Tanks wurden unterirdisch durch ein Tunnelsystem miteinander verbunden."

Spuren davon findet man noch heute. Aber das Betreten der Tunnel sei lebensgefährlich. "Der Beton von damals ist an vielen Stellen marode. Da kann jederzeit etwas einstürzen", sagt Bendler, der in einer der ehemaligen Unterkünfte auf dem Ölhof lebt. Er hat das Haus für sich und seine Familie als Wohnhaus hergerichtet und kennt das Gelände, das heute teilweise von der Zollhundeschule genutzt wird, wie kaum ein anderer. Viele Fakten über das Tanklager, das nach Ende des zweiten Weltkrieges an vielen Stellen planiert wurde, hat er inzwischen gesammelt.

Wieso wusste die Bevölkerung so wenig von dem Treiben an der Dahlenburger Straße? "Für den Bau und Betrieb des Ölhofs wurden oft Auswärtige eingesetzt", weiß Bendler. Er sei sicher, dass Zwangsarbeiter aus Russland und Polen während des zweiten Weltkrieges eingesetzt wurden. Sie hätten auch beim Bau des Kraftwerks in Alt Garge mitgewirkt. "Bis zu 600 Leute lebten hier und in Breetze, sie hatten eigene Baracken und Kantinen. Aber das Gebiet war eingezäunt. Und Fragen zu stellen, war verdächtig", sagt Bendler. Das habe insbesondere für den Fall jenes russischen Zwangsarbeiters gegolten, der im Lager ums Leben kam: "Ich gehe davon aus, dass er auf dem jüdischen Friedhof in Bleckede beigesetzt wurde."

Diese und viele andere Geschichten sind es, die Henning Bendler in seinem Buch dokumentieren möchte. Vorbereitet ist das Ganze bereits: "Nur sehr viel mehr Zeit müsste ich für die Fertigstellung haben", sagt er.