Die Heidekommune erprobt Konzepte, um Landwirtschaft und Tourismus einer veränderten Umwelt anzupassen.
Amelinghausen. Modellrechnungen gehen davon aus, dass sich die Jahresdurchschnittstemperatur in Deutschland bis zum Jahr 2100 um 3,5 Grad Celsius erhöht, die Sommerniederschläge um 30 Prozent abnehmen und im Winter zunehmen. Darauf werden sich auch die Menschen in der Samtgemeinde Amelinghausen einstellen müssen. Denn die veränderten klimatischen Bedingungen haben auch Auswirkungen auf die Landwirtschaft und den Tourismus: In heißen Monaten wird das Grundwasser knapp, die Waldbrandgefahr steigt - und die regenreichen Jahreszeiten werden sich negativ auf die Besucherzahlen auswirken.
"Es herrscht also ein berechtigtes Interesse daran, die schöne Landschaft zu erhalten und gleichzeitig die Kulturlandschaft an die Anforderungen des Klimawandels anzupassen", sagte Landrat Manfred Nahrstedt während der Auftaktveranstaltung "Klimzug-Nord macht Station" in Amelinghausen.
Als eines von zwei Pilotprojekten im "Klimzug-Nord" beschäftigt sich die Kommune bis 2014 mit zwei Kernfragen: Welche Auswirkungen hat der Klimawandel auf den norddeutschen Raum? Und was können wir unternehmen, um uns daran anzufassen?
Eine erste Projektgruppe wurde bereits gebildet mit Kreislandwirt Jens Wischmann, Wolf Winkelmann, Geschäftsführer Landvolk Nordostniedersachsen, Vertreter der Unteren Naturschutzbehörde sowie der Landwirtschaftskammer Niedersachsen. Ihre Gedanken kreisen vor allem um das Thema Wasser.
Die bisher übliche druck- und engergieintensive Kanonenberegnung wasserabhängiger Kulturpflanzen wie Kartoffeln, Zuckerrüben und Wintergerste ist nicht mehr zeitgemäß. Eine umsichtigere und effektivere Bewässerung leisten Kreis- und Linearberegnungsanlagen. "Eine wichtige Anpassungsstrategie an den zu erwartenden Klimawandel für die Landwirtschaft ist die Schaffung großer Bewirtschaftungseinheiten. Sie ermöglichen einen effizienteren Einsatz von Großflächenberegnungssystemen", sagt Monika von Haaren von der Landwirtschaftskammer Niedersachsen. Die Geografin leitet im "Klimzug-Nord" die Projektregionen Ostheide und Elbtalaue.
Mit großen Bewirtschaftungseinheiten sind Schläge von mindestens 25 Hektar gemeint. Das fordert ein Umdenken seitens der Landwirte in einer durch kleinere Schläge geprägten Region. Allein, "es soll keine aufgeräumte Agrarlandschaft nach dem Vorbild der DDR werden", beruhigt die Agraringenieurin Martina Wojahn, Leiterin des Regionalmanagements des Naturparks Lüneburger Heide. Wege- und Gewässernetze, Beregnungsnetze wie auch Biotopstrukturen müssten dafür deutlich verbessert werden. Zur Diskussion stehen die Fruchtfolge und die Frage, ob zur Beregnung der Felder Klarwasser aus der Kläranlage genutzt werden kann.
Und der Tourismus? Professor Edgar Kreilkamp, Experte für Tourismusmanagement an der Leuphana Universität, rät zu einem offensiven Verhalten. "Klimawandel heißt für den Tourismus in Amelinghausen nicht nur Klimaschutz, indem energiesparende und klimaneutrale Hotels und Ferienanlagen gefördert werden. Sondern auch Anpassung, indem über das Thema Klimawandel aufgeklärt und das Klimabewusstsein gestärkt wirkt."
Der Projektname "Klimzug" steht für "Klimawandel zukunftsfähig machen". Das Projekt soll bis zum Jahr 2014 Lösungsansätze finden, mit denen künftig Folgen des Klimawandels in der Metropolregion Hamburg begegnet werden kann. Beteiligt sind die Hansestädte Hamburg und Lüneburg, der Landkreis Lüneburg sowie 13 weitere Landkreise und Partner aus Wirtschaft und Wissenschaft. Das fünf Jahre laufende Projekt hat ein Gesamtvolumen von rund 25 Millionen Euro. Zwei Millionen stehen der Landwirtschaftskammer Niedersachsen zur Verfügung.