In den vergangenen 20 Jahren zog es die Menschen vor allem in die Stadt und ihr Umland. Der Ostkreis schrumpft. Landrat will bessere Infrastruktur.

Lüneburg. Der Landkreis Lüneburg gehört zu den wenigen in Deutschland, die noch wachsen. Das belegen jüngste Zahlen des niedersächsischen Landesamts für Statistik. Allerdings ist das Wachstum der beiden vergangenen Dekaden in jüngster Zeit deutlich gebremst. Grund für den Zuzug ist offenbar nicht nur die verkehrsgünstige Lage zur benachbarten Metropole Hamburg, sondern auch die Attraktivität von Lüneburg selbst, mit hohem Freizeitwert, günstigen Wohnlagen im Randgebiet und vielen Bildungsangeboten.

In den vergangenen 19 Jahren verzeichnete die Stadt bis 2008 einen konstanten Zuwachs. 1989 lebten etwa 61 000 Bürger in der Hansestadt. 1999 waren es bereits etwa 67 000. Mittlerweile wohnen mehr als 72 000 Menschen in Lüneburg. Tendenz steigend. Wenn auch nicht mehr so rasant. So verlor die Stadt zwischen 2008 und dem ersten Halbjahr 2009 mehr als 100 Bürger.

Die Gemeinden im direkten Einzugsgebiet der Stadt verzeichnen ein Plus bei ihrer Bevölkerung. Zwar wachsen Gellersen, Ilmenau oder Ostheide nicht so stark und konstant wie Lüneburg, aber trotzdem deutlich. Insgesamt haben die an Lüneburg grenzenden Kommunen um 20 000 Einwohner zugelegt. Die größte Zugkraft hat offenbar Bardowick, das in den vergangenen zwei Dekaden um 5000 Bürger gewachsen ist.

Grundlegend anders ist die Entwicklung im Osten des Landkreises, der ohnehin strukturschwächer als die Stadtregion ist. Dahlenburg, Bleckede und das Amt Neuhaus hatten nur schwaches Wachstum oder verlieren sogar Einwohner. Während zwischen 1989 und 1999 die Einwohnerzahl in diesen Gebieten nur um 1900 Menschen anstieg, sank die Zahl im folgenden Jahrzehnt um 500 Bürger. Die größten Probleme hat das Amt Neuhaus nördlich der Elbe, das in den vergangenen 17 Jahren mit etwa 800 Bewohnern die größten Einbußen zu verzeichnen hatte.

Manfred Nahrstedt, Landrat des Landkreises Lüneburg, nennt für die insgesamt positive Entwicklung unterschiedliche Gründe. "Zunächst mal ist Lüneburg eine attraktive Stadt mit ihren schönen alten Gebäuden und ihrem kulturellen Angebot und übt damit Anziehungskraft auf die Region aus", sagte der Landrat der Lüneburger Rundschau. Zudem mache die Leuphana Universität Lüneburg zur Bildungsstadt. Der stehe der Landkreis nicht nach: "Mit fünf Gymnasien, einschließlich einer integrierten Gesamtschule, ziehen wir viele Familien in die Region." Insgesamt sieht Nahrstedt die Entwicklung des Landkreises positiv: "Er bietet eine gute Infrastruktur und ein sehr großes Freizeitangebot."

Der Kreis habe trotz Krise viel Wert auf Bildung und Kultur gelegt. Lüneburg versorge seine Bürger mit allem was sie brauchten - seit Oktober 2009 sogar mit einem Kinder- und Jugendtheater.

"Außerdem finden sich gerade im Ostkreis besonders viele Naturschätze. Und Organisationen wie die Stork-Foundation, die sich darum kümmert, dass sich Störche weiterhin im östlichen Gebiet ansiedeln können, sorgen dafür, dass diese Schätze auch erhalten bleiben."

Kernproblem für Nahrstedt ist, für die Bewohner des Landkreises auch eine entsprechende Zahl an Arbeitsplätze anzubieten: "In Lüneburg gibt es viele hoch qualifizierte Arbeitnehmer, gerade für sie muss das Angebot an Arbeitsplätzen noch gesteigert werden, damit sie einen Grund haben, zu bleiben und nicht abwandern, zum Beispiel nach Hamburg." Auch die Studierenden sollen nach Möglichkeit im Kreis gehalten werden und nicht nach Beendigung ihrer Ausbildung wieder wegziehen.

Neben diesen Faktoren nennt Landrat Nahrstedt auch das allgemeine Lebensgefühl in Lüneburg und Umgebung als positives Element. Dazu gehört für ihn die touristisch günstige Lage zwischen Elbe und Heide genauso wie die Telenovela "Rote Rosen", die Lüneburg weit über die Stadtgrenzen hinaus bekannt gemacht hat.

Doch der Landkreis Lüneburg muss nach Nahrstedts Auffassung noch einiges tun, um auch in Zukunft attraktiv zu sein und der jüngst rückläufigen Tendenz bei der Bevökerungsentwicklung entgegen zu wirken. Der Landrat nennt in diesem Zusammenhang vor allem eine Verbesserung der Infrastruktur: "Die Menschen brauchen Breitbandmedien. Die muss ihnen der Landkreis zukünftig stärker bieten können." Darüber hinaus erhofft sich Nahrstedt vom Bau der Autobahn A 39 von Lüneburg nach Wolfsburg neue Impulse für den Ostkreis. Davon soll auch das Sorgenkind Amt Neuhaus profitieren.

Auch der Bau einer Elbbrücke zwischen Darchau und Neu-Darchau soll dazu beitragen, der Abwanderungstendenz im Ostkreis entgegenzuwirken.

Die Statistiker sagen bis 2020 ein Bevölkerungszuwachs von zehn Prozent für Lüneburg und Umgebung voraus. Ob sie richtig liegen, muss sich allerdings erst noch erweisen.