Das Wachstums- beschleunigungsgesetz soll den Tourismus fördern. Gäste erreicht der Bonus allerdings kaum.
Lüneburg. Seit dem 1. Januar gilt für Hotelübernachtungen ein verminderter Mehrwertsteuersatz von sieben Prozent. Als Teil des Wachstumsbeschleunigungsgesetzes soll die Steuersenkung den Tourismusstandort Deutschland stärken. Grundgedanke ist, dass die Hoteliers die Preise senken und dadurch das Schlafen im Hotel wieder attraktiver wird. Für Angela Karst, Marketing- und Vertriebsmanagerin im Seminaris in Lüneburg, ist es daher selbstverständlich, "dass wir die Steuersenkung an unsere Kunden weitergeben."
Doch damit ist das Seminaris eher eine Ausnahme: Nach einer Studie des Deutschen Hotel und Gaststättenverbandes (Dehoga) wollen nur 20,3 Prozent der Hotelbetreiber die Übernachtungspreise senken. Stattdessen geht der Verband davon aus, dass die Hotelbetreiber die ersparte Mehrwertsteuer über Neuanschaffungen und Renovierungen in den Wirtschaftskreislauf zurückführen. Auch Olaf Klingbeil, Inhaber des Hotels Stadthaus am Sande, erklärt auf Rundschau-Anfrage: "Günstiger werden die Übernachtungen bei uns in diesem Jahr nicht."
Vielmehr will der Geschäftsmann das finanzielle Plus investieren, um den Standard des Hotels zu erhalten. Dringend saniert werden müsse beispielsweise die Fassade des denkmalgeschützten Hauses. "Normalerweise hätten wir die Preise in diesem Jahr sogar anheben müssen, doch durch die Mehrwertsteuersenkung ist das nun nicht notwendig", erklärt Klingbeil. Im Vergleich zu großen Hotels bleibt dem Inhaber des 22-Zimmer-Hauses nach eigener Aussage wenig finanzieller Spielraum bei den Zimmerpreisen: "Es geht mir wirklich nicht darum, mehr Gewinn herauszuschlagen. Vielmehr sind die laufenden Kosten, beispielsweise für Energie, in den letzten Jahren gestiegen."
Grundsätzlich seien die deutschen Zimmerpreise im EU-Vergleich ohnehin recht günstig, sagt Edgar Kreilkamp, Professor für Tourismusmanagement an der Leuphana Universität Lüneburg: "Ich halte es daher für vernünftig, in die Qualität der Hotels zu investieren, statt die Preise zu senken." Die Umsätze im Hotelgewerbe sind seiner Einschätzung nach in den vergangenen Jahren ohnehin stark zurück gegangen: "Bei zwei Prozent Gewinn können sich die Betreiber schon glücklich schätzen." Die Mehrwertsteuerreduzierung verschafft den Unternehmen jetzt also neue Handlungsspielräume. Deshalb freut sich Hotelier Klingbeil nun über das Steuergeschenk des Staates, "obwohl ich noch gar nicht genau ermittelt habe, mit welchem Wert ich tatsächlich rechnen kann". Genaue Zahlen nennt auch Katrin Gräfe, Hoteldirektorin des Bergstöms, nicht, sagt aber: "Das Geld ist bereits verplant."
Unter anderem erweitert das Vier-Sterne-Hotel in diesem Jahr den Küchenbereich durch eine eigene Patisserie, sämtliche süße Köstlichkeiten werden dann im eigenen Haus hergestellt. Für Touristen und Privatkunden wird es deshalb keine Ermäßigung geben. Billiger übernachten im Bergström zukünftig nur Dienstreisende, deren Firmen Verträge mit dem Hotel ausgehandelt haben. Gräfe: "Firmenkunden geben wir die Vergünstigung weiter."
Nach Einschätzung von Edgar Kreilkamp ist dieser Kompromiss absolut empfehlenswert: "Unternehmen werden genau hinschauen, denn wenn die bei einer Tagung gleich 30 Zimmer buchen, macht die zwölfprozentige Steuervergünstigung natürlich einen Unterschied. Privatkunden dürfte es jedoch gleich sein, ob das Zimmer fünf Euro billiger ist oder nicht." Die Lüneburg Marketing GmbH verzeichnete für 2009 rund 214 000 Hotelübernachtungen. Tourismuskoordinatorin Yvonne Zimmermann glaubt nicht, dass mit einem Buchungsrückgang zu rechnen ist, wenn die Hotels die Preise nicht senken: "Lüneburg ist ein gefragtes Städteziel. Ich bin guter Dinge, dass das so bleibt."